Hypospadie

Hypospadie
Internationale Klassifikation (ICD) Q54.-
Symptome Harnwegsinfektionen, erschwerte Harnblasenentleerung, abgeschwächter Harnstrahl, unzufriedenstellende Sexualität, Einschränkungen beim Geschlechtsverkehr, Unfruchtbarkeit, Depression, psychische Belastung
Mögliche Ursachen Urogenitalerkrankung
Mögliche Risikofaktoren genetische Veranlagung, geringes Geburtsgewicht
Mögliche Therapien operative Rekonstruktion

Grundlagen

Die Hypospadie ist eine häufige Fehlbildung des Penis, bei der es zu einer Verlagerung der Harnröhre kommt. Etwa einer von 200 bis einer von 300 männlichen Neugeborenen ist davon betroffen. 

Hauptsymptom der Hypospadie ist eine Verlagerung des Harnröhrenausganges (Meatus urethrae externus) von der Eichelspitze weg an die Unterseite der Eichel, entlang des unteren Penisschafts bis zum Hodensack. 

Die Lage des Harnröhrenausganges wird zur Einteilung der Hypospadie und deren Schweregrad genutzt. Man unterscheidet vordere (distale) Formen, bei denen sich der Meatus noch im Bereich der unteren Eichel oder des Eichelrandes befindet, von mittleren (penilen) Formen, bei denen diese schon auf den Penisschaft gewandert ist. In besonders schweren (proximalen) Formen kann sich die Harnröhrenöffnung bis in den Hodenbereich (skrotal) oder den Dammbereich (perineal) verlagern. Am häufigsten kommen distale Hypospadien vor, welche etwa insgesamt 75 % der Erkrankungsfälle ausmachen. Mittlere Formen kommen zu zirka 20 % vor und proximale Hypospadien sind generell sehr selten.

Zusätzlich zur Verlagerung der Harnröhrenmündung kann es im Rahmen einer Hypospadie zu einer Verkrümmung des Penis oder auch einer Vorhautveränderung kommen. Bei der “Hypospadie ohne Hypospadie” (hypospadia sine hypospadia) liegt der Meatus an der normalen Position, jedoch begleitet von einer ausgeprägten Penisverkrümmung sowie starken Vorhautveränderungen. Auch andere Fehlbildungen wie ein Hodenhochstand (Maldescensus testis) oder ein Leistenbruch (Hernia inguinalis) kommen bei Hypospadie gehäuft vor.

Ursachen

Eine Hypospadie besteht bereits von Geburt an und ist auf eine fehlerhafte Entwicklung des Embryos im dritten und vierten Schwangerschaftsmonat zurückzuführen. Es wird dabei eine Unterbrechung der Entwicklung der Harnröhre (Urethra) vermutet, welche zur Verlagerung des Meatus führt. Der Zeitpunkt der Entwicklungsunterbrechung bestimmt den Schweregrad der Hypospadie. Je früher, desto schwerer ist die Ausprägung.

Es werden verschiedene ursächliche Faktoren diskutiert. Aufgrund einer familiären Häufung wird eine genetische Komponente angenommen. So ist das Risiko für Söhne betroffener Väter sowie auch bei deren Geschwistern deutlich erhöht. Die Entwicklung der Genitale und Harnröhre wird maßgeblich durch Geschlechtshormone wie Testosteron gesteuert, weshalb auch Störfaktoren in diesen Systemen – wie Mutationen in relevanten Genen – als Ursache diskutiert werden. Dennoch ist nur in 5 % der Erkrankungsfälle eine genetische Ursache zu finden. Eine Hypospadie kann auch im Rahmen von seltenen genetischen Syndromen in Kombination mit anderen Fehlbildungen auftreten, die meist einen genetischen Defekt als Ursache haben.  

Der Harntrakt (iStock / Alexander Kiblitskiy)

Auch externe hormonelle Einflüsse wie Umweltgifte, pflanzliche Stoffe (Phytoöstrogene) und Medikamente stehen im Verdacht, eine Hypospadie zu begünstigen. Zusammenfassend muss jedoch gesagt werden, dass die wissenschaftliche Evidenz dazu derzeit nicht eindeutig ist. Als allgemeiner Risikofaktor für die Entwicklung einer Hypospadie gilt ein geringes Geburtsgewicht.

Symptome

Hypospadie fällt in der Regel bereits in den ersten Monaten nach der Geburt auf und es wird generell eine frühzeitige operative Therapie empfohlen. Aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen können die Symptome variieren. Diese umfassen:

  • Probleme beim Wasserlassen

  • erhöhtes Risiko für Harnwegsinfektionen

  • Einschränkungen beim Geschlechtsverkehr

  • unzufriedenstellende Ästhetik

  • Unfruchtbarkeit

  • eingeschränkten Lebensqualität 

  • unzufriedenstellenden Sexualität

  • psychische Belastung bis hin zu Depressionen

Führend bei einer Hypospadie sind die eingeschränkte Funktion beim Urinieren, Schwierigkeiten und Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs sowie die oft für den Betroffenen nicht zufriedenstellende Ästhetik. Die Folge sind: psychische Belastungen, sexuelles Vermeidungsverhalten und soziale Isolation sowie Depressionen. 

Diagnose

Eine Hypospadie ist in der Regel eine Blickdiagnose, die bei der urologischen Untersuchung oder bereits in der kinderärztlichen Praxis gestellt wird. Neben der Lage der Harnröhre sollte dabei zudem auch die Vorhaut und eine mögliche Penisverkrümmung beachtet werden.

Das männliche Urogenitalsystem (iStock / magicmine)

Da sexuelle Differenzierungsstörungen zugrunde liegen können, sollte auf diese geachtet und bei Bedarf auch eine weitere Abklärung diesbezüglich durchgeführt werden. Zudem kann eine Ultraschalluntersuchung des Harntraktes, zum Ausschluss weiterer Anomalien, hilfreich sein.

Therapie

Die Therapie einer Hypospadie besteht im Regelfall in der operativen Rekonstruktion. Heutzutage wird eine Operation bei frühzeitiger Diagnose bis zum 18. Lebensmonat angestrebt. Erfolgt die Diagnose verzögert, ist auch eine spätere Operation möglich. Die Indikation wird anhand der Anatomie gestellt. Diese ist von der Position des Harnröhrenausgangs, einer möglichen Penisverkrümmung und Veränderungen der Hoden abhängig. Die Indikation wird in der Regel mit den Eltern und je nach Alter mit dem Patienten besprochen. Ziele der Operation sind eine Verlagerung des Harnröhrenausganges an die Eichel, ein normaler Harnstrahl, das Beheben der Penisverkrümmung sowie eine spätere normale Sexualfunktion. Die Wahl der Operationstechnik hängt maßgeblich von der Anatomie, den zu behandelnden Fehlbildungen und der intraoperativen Situation ab. Oft ist das Ausmaß des Eingriffes präoperativ schwer zu prognostizieren. Bei sehr ausgeprägten Fällen sind hier oft mehrere Eingriffe notwendig.

Das männliche Becken (iStock / magicmine)

Die Prognose einer Hypospadie hängt von einer frühzeitigen Diagnose und Operation ab. Da der Eingriff hochkomplex ist, wird eine Versorgung in einem darauf spezialisierten Zentrum empfohlen. Komplikationen wie Harnröhrenfisteln oder -strikturen sind dabei möglich. In der Regel können durch die Operation Ästhetik und Funktion des Penis sowie damit auch die Lebensqualität des Patienten deutlich verbessert werden.

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc

Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc
Autor

Bernhard Peuker ist Lektor sowie Medical Advisor bei Medikamio und arbeitet als Arzt in Wien. Bei der Arbeit lässt er sein klinisches Wissen, praktischen Erfahrungen und wissenschaftliche Leidenschaft einfließen.

Dr. med. univ. Moritz Wieser

Dr. med. univ. Moritz Wieser
Lektor

Moritz Wieser hat das Studium der Humanmedizin in Wien absolviert und studiert derzeit Zahnmedizin. Er verfasst vorrangig Artikel zu den häufigsten Krankheiten. Besonders interessiert er sich für die Themenbereiche Augenheilkunde, Innere Medizin und Zahnmedizin.

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