Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)

Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP)
Internationale Klassifikation (ICD) M31.-
Symptome Thrombozytopenie, Petechenien, Anämie, Neurologische Symptomatik, Verschlechterung der Sehkraft, Fieber, Kopfschmerzen, Nierenschädigung
Mögliche Ursachen Blutgerinnsel, Defekt der Metalloprotease ADAMTS13, Infektionserkrankung, Autoimmunerkrankung, Medikamenteneinnahme
Mögliche Risikofaktoren Infektion, Schwangerschaft, operative Eingriffe, verringerte Aktivität der ADAMTS13-Protease, Fieber, Durchfall, Medikamenteneinnahme
Mögliche Therapien Plasmapherese (Blutaustausch), Gefrorenes Frischplasma (FFP)

Grundlagen

Unter der Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura (auch Thrombotisch-thrombopenische Purpura, Moschcowitz-Syndrom oder TTP genannt) versteht man eine Autoimmunerkrankung, bei der es zur Entstehung thrombozytenreicher (blutplättchenreicher), kleiner Blutgerinnsel (Mikrothromben) in den kleinsten Blutgefäßen kommt. Die Gerinnsel bestehen dabei meist aus großen von-Willebrand-Faktor-Komplexen und Blutplättchen. Ursächlich für die Erkrankung ist ein Mangel der Metalloprotease ADAMTS 13 („a disintegrin and metalloprotease with thrombospondin repeats 13“). Diese Protease spaltet im Normalzustand den von-Willebrand-Faktor und wirkt somit Blutgerinnseln entgegen. Charakteristisch für die TTP ist zudem ein starker Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten).

Thrombozyten (iStock / gaetan stoffel)

Häufigkeit

Die Erkrankung kann mit einem plötzlichen Beginn aus völliger Gesundheit auftreten. Sie betrifft etwa 1,5 - 6 von 1 Million Einwohnern pro Jahr. Frauen sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Männer. Man geht davon aus, dass die TTP, obwohl sie sehr selten vorkommt, unterdiagnostiziert ist. Eine Unterscheidung zwischen der TTP und dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) – einer anderen mikroangiopathischen Erkrankung – ist nicht immer sicher möglich.

Ursachen

Bei der Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura handelt es sich ebenso wie beim hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) um eine sogenannte thrombotische Mikroangiopathie. Hier kommt es durch die Bildung von Blutgerinnseln zu einer Störung des Blutflusses in den kleinsten Blutgefäßen. Diese Störung führt daraufhin zu einer Sauerstoff-Minderversorgung der versorgten Organe (z. B. Niere oder Gehirn). Die häufigste Form der TTP ist die erworbene Form (etwa 95 % der Fälle). Diese wird durch Antikörper gegen die Metalloprotease, die den von-Willebrand-Faktor normalerweise spaltet (ADAMTS 13) ausgelöst. Die Protease ADAMTS 13 spielt eine große Rolle in der Gerinnungskaskade, wobei ein Mangel zu einem vermehrten Auftreten von Blutgerinnseln führt.

Folgende Ursachen kommen für eine erworbene TTP infrage:

  • Rheumatische Erkrankungen

  • Bestimmte Medikamente (z. B. Zytostatika)

  • Im Zuge einer Schwangerschaft (durch den Östrogenanstieg)

Die angeborene Form der TTP wird auch als Upshaw-Schulman-Syndrom oder cTTP („congenital TTP”) bezeichnet. Sie ist für etwa 5 % aller Erkrankungsfälle verantwortlich und tritt häufig im frühen Kindesalter auf (zirka 50 - 60 % der Fälle). Manche Patienten werden aber auch erst im Alter von 30 - 40 Jahren symptomatisch. Die cTTP beruht auf einer angeborenen Verminderung der ADAMTS13-Aktivität, wobei derzeit über 100 verantwortliche Mutationen bekannt sind. Meist löst eine Aktivitätsminderung der ADAMTS 13 oder eine verminderte Sekretion der Metalloprotease die Erkrankung aus.

Mögliche Trigger für einen cTTP-Schub sind etwa:

  • Malariamedikamente

  • Gemcitabin (Zytostatikum)

  • Quetiapin (Antipsychotikum)

  • Cyclosporin

  • Tacrolimus

  • Infektionen

Auslöser

Die Ursachen für eine erworbene TTP beziehungsweise für einen Krankheitsschub im Zuge einer TTP sind meist grippale oder gastrointestinale Infekte. Zudem können Medikamente wie etwa Chinin, Tiklyd oder Mitomycin eine TTP auslösen.

Symptome

Folgende Symptome können bei der Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura unter anderem auftreten:

  • Allgemeine Symptome: Abgeschlagenheit, Fieber, Kopfschmerzen

  • Neurologische Symptome: Aufgrund einer Minderdurchblutung bestimmter Gehirnareale durch kleine Blutgerinnsel kann es zu Störungen des Bewusstseins, der Motorik, der Sensibilität, des Sehens sowie der Sprache kommen.

  • Petechenien: Aufgrund eines Mangels an Thrombozyten kommt es zu punktförmigen Blutungszeichen in der Haut (auch Petechenien genannt).

  • Anämie: Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) werden durch die Blutgerinnsel in den Arteriolen und Kapillaren mechanisch geschädigt, sodass es zu einer Blutarmut kommt.

  • Thrombozytopenie: Bei der Blutuntersuchung wird ein stark verringerter Wert der Thrombozyten (Blutplättchen) im peripheren Blut festgestellt. Dies hat seinen Grund darin, dass die Thrombozyten aufgrund der überschießenden Blutgerinnung schneller verbraucht werden und nicht ausreichend nachgebildet werden können.

  • Einschränkung der Nierenfunktion (Niereninsuffizienz)

Diagnose

Eine gründliche Anamnese (ärztliches Gespräch) gibt Aufschluss darüber, ob Risikofaktoren, die einen TTP-Schub auslösen können (beispielsweise Infektionen, Fieber) bei Betroffenen vorliegen. Zudem wird eine körperliche Untersuchung und ein neurologischer Status durchgeführt, um etwaige neurologische Symptome frühzeitig zu erkennen.

Blutausstrich (iStock / toeytoey2530)

Hinweisend für eine TTP sind in der Diagnostik ein Blutplättchenmangel (Thrombozytopenie), eine LDH-Erhöhung (Laktatdehydrogenase) und zerstörte rote Blutkörperchen (Fragmentozyten) im Blutausstrich. Für die Diagnose sind daraufhin eine verminderte ADAMTS 13 Aktivität, Antikörper gegen ADAMTS 13 und das Vorhandensein von großen von-Willebrand-Komplexen beweisend. Mithilfe einer gelelektrophoretischen Multimeranalyse des Von-Willebrand-Faktors im Blutplasma kann die verringerte Aktivität der ADAMTS13-Protease nachgewiesen werden. 

Bei der cTTP fehlen Anti-ADAMTS13-Antikörper – im Gegensatz zur erworbenen Form der TTP – grundsätzlich.

Therapie

Das Hauptziel bei der Behandlung der akuten TTP ist es, die Gerinnselbildung (Mikrothromben) in der Gefäßstrombahn zu vermindern beziehungsweise zu unterbinden. Meist wird hierfür eine Plasmapherese (Blutaustausch) mit der Zufuhr von FFP (fresh frozen plasma) eingesetzt. Zudem kann eine Gabe von Rituximab (monoklonaler anti-CD20 Antikörper) im akuten Krankheitsstadium hilfreich sein. Dieser Wirkstoff zerstört unter anderem die B-Zellen, in denen die Antikörper gegen ADAMTS 13 gebildet werden.

Weitere Therapieoptionen umfassen:

  • Dialyse oder Hämofiltration

  • Gabe von Glukokortikoiden

Eine Transfusion von Blutplättchen (Thrombozyten), zum Ausgleich des Blutplättchenmangels, sollte in jedem Fall unterlassen werden. Eine solche Transfusion kann zu einer Verschlechterung (Aggravation) des Krankheitsbildes führen.

Generell sollte die Therapie in den ersten 4 - 8 Stunden nach einer TTP-Verdachtsdiagnose eingeleitet werden. Der Plasmaaustausch gilt derzeit als wichtigste Therapiesäule. Hierdurch soll eine exogene Zufuhr von ADAMTS13-Aktivität erreicht werden. Zudem bindet das von außen zugeführte ADAMTS 13 im Blut zirkulierende Antikörper und kann so zu einem Wiederanstieg der Blutplättchenzahl beitragen.

Ein verengtes Blutgefäß (iStock / Dr_Microbe)

Prognose

Bei der TTP handelt es sich um einen medizinischen Notfall, wobei die Behandlung innerhalb weniger Stunden eingeleitet werden sollte. Unbehandelt hat die Erkrankung eine Sterblichkeit von etwa 72 - 94 %. Thrombotische Organkomplikationen, wie etwa ein Herzinfarkt, treten häufig in den ersten Stunden auf. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen kommt es zu einem Wiederauftreten der TTP in Form von Schüben. Auch unter einer Therapie beträgt die Sterblichkeit der TTP zirka 10 - 20 %. Selten tritt die Erkrankung als familiäre Form auf, die durch einen Gendefekt hervorgerufen wird.

Vorbeugen

Eventuell können bestimmte Impfungen (z. B. gegen Pneumokokken) bei Betroffenen Infekte und somit auch TTP-Rezidive verhindern.

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Dr. med. univ. Moritz Wieser

Dr. med. univ. Moritz Wieser
Autor

Moritz Wieser hat das Studium der Humanmedizin in Wien absolviert und studiert derzeit Zahnmedizin. Er verfasst vorrangig Artikel zu den häufigsten Krankheiten. Besonders interessiert er sich für die Themenbereiche Augenheilkunde, Innere Medizin und Zahnmedizin.

Thomas Hofko

Thomas Hofko
Lektor

Thomas Hofko befindet sich im letzten Drittel seines Bachelorstudiums der Pharmazie und ist Autor für pharmazeutische Themen. Er interessiert sich besonders für die Bereiche Klinische Pharmazie und Phytopharmazie.

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