Elterntraining zur Behandlung der ADHS bei Jugendlichen

Gelangweilter Schüler haltet ein Heft vor seinem Gesicht.

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Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, gehört global zu den häufigsten psychischen Beeinträchtigungen im Kindes- bzw. Jugendalter – Schätzungen zufolge sind weltweit rund 5 % davon betroffen. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen werden für Kinder mit ADHS empfohlen. Da trotzdem spezifische Leitlinien für diese Umsetzung fehlen, versuchen Forscher durchgehend, mittels Untersuchungen jeweilige Grundlagen dafür zu schaffen.

Gelangweilter Schüler haltet ein Heft vor seinem Gesicht.

shutterstock.com / Suzanne Tucker

ADHS

ADHS ist eine angeborene, Verhaltens- und emotionale Störung, welche sich schon vor dem 6. Lebensalter äußern kann. Je nach Altersgruppe können sich die Symptome unterschiedlich stark ausprägen. Insgesamt werden dabei drei Untergruppen von ADHS unterschieden:

  • Hauptmerkmal: Hyperaktivität und Impulsivität 
  • Hauptmerkmal: Aufmerksamkeitsstörung (bei „Verträumtheit“ auch ADS ohne Hyperaktivität (d.h. Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom)
  • Gemischtes Merkmal: Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität gemischt

Die neurologische Entwicklungsstörung kann dabei in jungen Jahren auch soziale oder schulische Beeinträchtigungen verursachen. Rund 77 % der Kinder bzw. Jugendlichen Betroffenen im Alter von 4 bis 17 Jahren haben laut Messungen im Jahr 2018-2019 eine Behandlung gegen ADHS erhalten. Darunter zählten Verhaltenstherapien für Kinder zwischen 4 und 5 Jahren, medikamentöse und/oder Verhaltenstherapie für Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren. Sogenannte Elterntrainingsprogramme sind psychosoziale Interventionen mit dem Ziel, Eltern die Techniken näherzubringen, mit denen sie schwieriges Verhalten der Kinder besser bewältigen können. 

Hinweis für Eltern: Der AOK-Bundesverband in Deutschland (d.h. Allgemeine Ortskrankenkasse) bietet auf der Homepage eine anonyme und kostenlose Registrierung zum Online-ADHS-Elterntrainer für Eltern von Kindern mit oder ohne ADHS. Mehr dazu hier: https://adhs.aok.de/ (Keine bezahlte Werbung)

Die im Jahre 2011 in der Cochrane Database of Systematic Reviews publizierte Analyse wollte feststellen, ob solches Elterntraining bei Kindern im Alter zwischen 5 und 18 Jahren mit einer diagnostizierten ADHS im Vergleich zu einer Kontrollgruppe effektiver ist und die Hindernisse eines adäquaten Umgangs mit solchen Kindern besser überwinden kann. 

Elterntraining-Analyse

Die Forscher haben alle verfügbaren elektronischen Datenbanken (Central, Medline, Embase, Cinahl, PsycINDO, DAI und das metaResigster of Controlled Trials) durchsucht und Experten zu dieser Thematik kontaktiert, um Informationen zu unveröffentlichten bzw. aktuellen Untersuchungen zu bekommen. Dabei wurden randomisierte Studien mit bestimmten Auswahlkriterien analysiert. Studien mit ADHS als Scherpunktthema und mit Teilnehmern über 5 Jahren mit einer medizinischen Diagnose von ADHS bzw. einer hyperkinetischen Störung (d.h. Störung des Sozialverhaltens) wurden in die Untersuchung eingeschlossen. Weiteres Auswahlkriterium der Studien war das Vorhandensein von mindestens einem eindeutigen Studienergebnis bei Kindern. Mindestens zwei Forscher haben alle Studien unabhängig voneinander analysiert und insgesamt vier Forscher waren am Screening von 12 691 Studien beteiligt. Dabei wurden fünf davon laut Einschlusskriterien bewertet. 

Gegensätzliche Ergebnisse

Insgesamt 284 TeilnehmerInnen erfüllten die Aufnahmekriterien zum Elterntraining. Während vier Studien primär die Verhaltensprobleme bei Kindern analysierten, bewertete eine Studie die Veränderungen in den Bewältigungsfähigkeiten der Eltern. Von den vier Studien haben sich zwei auf das Verhalten der Kinder zuhause fokussiert und die restlichen zwei auf das Verhalten im Schulgebäude. Die beiden Studien mit Fokus auf Zuhause verzeichneten unterschiedliche Ergebnisse: Während eine Studie keine Abweichung zwischen Elterntraining und üblicher Behandlung zeigen konnte, bewertete die zweite Studie statistisch signifikante Ergebnisse für das Elterntraining im Vergleich zur Kontrollgruppe. 

Auch die beiden Studien zum Verhalten in der Schule erzielten unterschiedliche Endergebnisse: Während eine Studie keinen Unterschied zwischen der Gruppe mit Elterntraining und der Kontrollgruppe feststellen konnte, war dies bei der zweiten Studie anders, denn hier wurden positive Wirkungen des Elterntrainings verzeichnet. Außerdem waren die Ergebnisse der letzten Analyse bei Kindern mit Medikamentengabe besser. 

Leider berichten die Forscher von häufigem Risiko einer Verzerrung bei den Studienergebnissen – Informationen zur Randomisierung und Verdeckung der Gruppenzuteilungen waren in keinem Studienbericht zu lesen. Daher konnte eine Meta-Analyse lediglich für zwei Ergebnisse durchgeführt werden: 

  • "externalisierendes" Verhalten des Kindes (d.h. ein Messwert für Regelverstöße, entgegengesetztes Verhalten bzw. Aggression) 
  • "internalisierendes" Verhalten des Kindes (z. B. Rückzug und Angst)

Das Elterntraining in der Studie, welche Änderungen in den Fähigkeiten der Eltern analysierte, wurde mit einer nicht-direktiven Elternselbsthilfegruppe verglichen, wobei signifikante Besserungen in der Elterngruppe verzeichnet werden konnten. 

Keine der untersuchten Studien konnte Daten zu schulischen Leistungen, unerwünschten Nebenwirkungen oder dem elterlichen Verständnis zur Aufmerksamkeitsstörung der Kinder eindeutig liefern.

Fazit

Während weitere, aktuellere Untersuchungen von positiven Effekten für Elterntraining berichten und das Verhalten von Kindern mit ADHS analysieren, bleibt bei dieser Untersuchung ein erhöhtes Risiko einer Verzerrung der Ergebnisse. Forscher berichten auch von einer möglichen Verringerung von elterlichem Stress und eine positive Auswirkung auf das elterliche Vertrauen für Ihre Kinder. Da die ausgewerteten Daten zum Verhalten bezüglich ADHS nicht eindeutig sind, sind die Ergebnisse dieser Überprüfung nicht aussagekräftig genug, um eine Grundlage für klinische Leitlinien zu erstellen. Daher sind in Zukunft weitere Studien notwendig, um über dieses komplexe und signifikante Thema besser berichten zu können und eventuell eine Grundlage für eine mögliche, einheitliche Praxis-Leitlinie zu erstellen. 

Quellenangaben

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Danilo Glisic

Danilo Glisic
Autor

Als Biologie- und Mathematikstudent verfasst er leidenschaftlich Magazinartikel zu aktuellen medizinischen Themen. Aufgrund seiner Affinität zu Zahlen, Daten und Fakten, liegt sein Fokus dabei auf der Beschreibung von relevanten klinischen Studienergebnissen.

Letztes Update

29.11.2021

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