ADHS
ADHS ist eine angeborene, Verhaltens- und emotionale Störung, welche sich schon vor dem 6. Lebensalter äußern kann. Je nach Altersgruppe können sich die Symptome unterschiedlich stark ausprägen. Insgesamt werden dabei drei Untergruppen von ADHS unterschieden:
- Hauptmerkmal: Hyperaktivität und ImpulsivitätÂ
- Hauptmerkmal: Aufmerksamkeitsstörung (bei „Verträumtheit“ auch ADS ohne Hyperaktivität (d.h. Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom)
- Gemischtes Merkmal: Aufmerksamkeitsstörung und Hyperaktivität gemischt
Die neurologische Entwicklungsstörung kann dabei in jungen Jahren auch soziale oder schulische Beeinträchtigungen verursachen. Rund 77 % der Kinder bzw. Jugendlichen Betroffenen im Alter von 4 bis 17 Jahren haben laut Messungen im Jahr 2018-2019 eine Behandlung gegen ADHS erhalten. Darunter zählten Verhaltenstherapien fĂĽr Kinder zwischen 4 und 5 Jahren, medikamentöse und/oder Verhaltenstherapie fĂĽr Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 17 Jahren. Sogenannte Elterntrainingsprogramme sind psychosoziale Interventionen mit dem Ziel, Eltern die Techniken näherzubringen, mit denen sie schwieriges Verhalten der Kinder besser bewältigen können.Â
Hinweis fĂĽr Eltern: Der AOK-Bundesverband in Deutschland (d.h. Allgemeine Ortskrankenkasse) bietet auf der Homepage eine anonyme und kostenlose Registrierung zum Online-ADHS-Elterntrainer fĂĽr Eltern von Kindern mit oder ohne ADHS. Mehr dazu hier:Â https://adhs.aok.de/Â (Keine bezahlte Werbung)
Die im Jahre 2011 in der Cochrane Database of Systematic Reviews publizierte Analyse wollte feststellen, ob solches Elterntraining bei Kindern im Alter zwischen 5 und 18 Jahren mit einer diagnostizierten ADHS im Vergleich zu einer Kontrollgruppe effektiver ist und die Hindernisse eines adäquaten Umgangs mit solchen Kindern besser ĂĽberwinden kann.Â
Elterntraining-Analyse
Die Forscher haben alle verfĂĽgbaren elektronischen Datenbanken (Central, Medline, Embase, Cinahl, PsycINDO, DAI und das metaResigster of Controlled Trials) durchsucht und Experten zu dieser Thematik kontaktiert, um Informationen zu unveröffentlichten bzw. aktuellen Untersuchungen zu bekommen. Dabei wurden randomisierte Studien mit bestimmten Auswahlkriterien analysiert. Studien mit ADHS als Scherpunktthema und mit Teilnehmern ĂĽber 5 Jahren mit einer medizinischen Diagnose von ADHS bzw. einer hyperkinetischen Störung (d.h. Störung des Sozialverhaltens) wurden in die Untersuchung eingeschlossen. Weiteres Auswahlkriterium der Studien war das Vorhandensein von mindestens einem eindeutigen Studienergebnis bei Kindern. Mindestens zwei Forscher haben alle Studien unabhängig voneinander analysiert und insgesamt vier Forscher waren am Screening von 12 691 Studien beteiligt. Dabei wurden fĂĽnf davon laut Einschlusskriterien bewertet.Â
Gegensätzliche Ergebnisse
Insgesamt 284 TeilnehmerInnen erfĂĽllten die Aufnahmekriterien zum Elterntraining. Während vier Studien primär die Verhaltensprobleme bei Kindern analysierten, bewertete eine Studie die Veränderungen in den Bewältigungsfähigkeiten der Eltern. Von den vier Studien haben sich zwei auf das Verhalten der Kinder zuhause fokussiert und die restlichen zwei auf das Verhalten im Schulgebäude. Die beiden Studien mit Fokus auf Zuhause verzeichneten unterschiedliche Ergebnisse: Während eine Studie keine Abweichung zwischen Elterntraining und ĂĽblicher Behandlung zeigen konnte, bewertete die zweite Studie statistisch signifikante Ergebnisse fĂĽr das Elterntraining im Vergleich zur Kontrollgruppe.Â
Auch die beiden Studien zum Verhalten in der Schule erzielten unterschiedliche Endergebnisse: Während eine Studie keinen Unterschied zwischen der Gruppe mit Elterntraining und der Kontrollgruppe feststellen konnte, war dies bei der zweiten Studie anders, denn hier wurden positive Wirkungen des Elterntrainings verzeichnet. AuĂźerdem waren die Ergebnisse der letzten Analyse bei Kindern mit Medikamentengabe besser.Â
Leider berichten die Forscher von häufigem Risiko einer Verzerrung bei den Studienergebnissen – Informationen zur Randomisierung und Verdeckung der Gruppenzuteilungen waren in keinem Studienbericht zu lesen. Daher konnte eine Meta-Analyse lediglich fĂĽr zwei Ergebnisse durchgefĂĽhrt werden:Â
- "externalisierendes" Verhalten des Kindes (d.h. ein Messwert fĂĽr Regelverstöße, entgegengesetztes Verhalten bzw. Aggression)Â
- "internalisierendes" Verhalten des Kindes (z. B. RĂĽckzug und Angst)
Das Elterntraining in der Studie, welche Ă„nderungen in den Fähigkeiten der Eltern analysierte, wurde mit einer nicht-direktiven Elternselbsthilfegruppe verglichen, wobei signifikante Besserungen in der Elterngruppe verzeichnet werden konnten.Â
Keine der untersuchten Studien konnte Daten zu schulischen Leistungen, unerwünschten Nebenwirkungen oder dem elterlichen Verständnis zur Aufmerksamkeitsstörung der Kinder eindeutig liefern.
Fazit
Während weitere, aktuellere Untersuchungen von positiven Effekten fĂĽr Elterntraining berichten und das Verhalten von Kindern mit ADHS analysieren, bleibt bei dieser Untersuchung ein erhöhtes Risiko einer Verzerrung der Ergebnisse. Forscher berichten auch von einer möglichen Verringerung von elterlichem Stress und eine positive Auswirkung auf das elterliche Vertrauen fĂĽr Ihre Kinder. Da die ausgewerteten Daten zum Verhalten bezĂĽglich ADHS nicht eindeutig sind, sind die Ergebnisse dieser ĂśberprĂĽfung nicht aussagekräftig genug, um eine Grundlage fĂĽr klinische Leitlinien zu erstellen. Daher sind in Zukunft weitere Studien notwendig, um ĂĽber dieses komplexe und signifikante Thema besser berichten zu können und eventuell eine Grundlage fĂĽr eine mögliche, einheitliche Praxis-Leitlinie zu erstellen.Â