Akute lymphatische Leukämie (ALL)

Akute lymphatische Leukämie (ALL)
Internationale Klassifikation (ICD) C91.-

Grundlagen

Das Blut kann als eines der wichtigsten Organe unseres Körpers angesehen werden. Wenn das System nicht mehr funktioniert können keine Stoffe transportiert werden, kein Sauerstoff zu den Geweben gelangen, keine Keime und Krankheitserreger bekämpft werden, der ganze Organismus stürzt zusammen.

Die einzelnen Blutbestandteile

Doch nicht nur das Blut als solches, sondern jeder einzelne Blutbestandteil ist von großer Bedeutung. So brauchen wir die Erythrozyten (rote Blutkörperchen) vor allem zum Transport von Sauerstoff und Kohlendioxyd, währen die Thrombozyten (Blutplättchen) sich um die Blutgerinnung kümmern.

Für die Abwehr sind vor allem die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) von Bedeutung. Diese werden aber noch in unterschiedliche Gruppen unterteilt, zu denen auch die Lymphozyten gehören, die wiederum in T-Lymphozyten und B-Lymphozyten eingeteilt werden. Bei einer akuten lymphatischen Leukämie ist eine dieser Gruppen in irgendeiner Form entartet. Dadurch werden noch unreife und nicht funktionsfähige Vorstufen der Zellen (auch Blasten genannt) ins Blut ausgeschwemmt.

Vor allem Kinder betroffen

Von einer akuten lymphatischen Leukämie sind vor allem Kinder zwischen einem und fünf Jahren betroffen. 80% der betroffenen Kinder leiden an der Unterform der B-ALL, bei der die B-Lymphozyten betroffen sind.

Ursachen

Eine genaue Ursache für die akute lymphatische Leukämie kann nur in den wenigsten Fällen angegeben werden. Meist tappt man bei der Suche nach dem Auslöser im Dunkeln, zumal man natürlich die meisten Energien in die Bekämpfung der Erkrankung steckt. Jedoch gibt es einige Faktoren, die zumindest einen Beitrag zur Entstehung der Leukämie leisten.

Genetische Faktoren

Auffallend ist, dass die akute lymphatische Leukämie gehäuft bei Kindern auftritt, die schon eine genetische Erkrankung wie Trisomie 21 oder das Fanconi-Syndrom haben. Aber auch bei sonst völlig gesunden Kindern kann es durch eine familiäre Prädisposition, also eine vererbte Neigung zur Leukämie, zur Ausbildung der Krankheit kommen.

Davon abgesehen gibt es auch zahlreiche spontane Mutationen, also kleine Veränderungen im Erbgut der Vorläuferzellen der Lymphozyten, die eine akute lymphatische Leukämie auslösen. Diese Mutationen passieren in jedem Organismus täglich tausendfach, nur sind sie meistens nicht von Bedeutung, oder werden sofort wieder repariert.

Ionisierende Strahlung

Dass Strahlung in zu hoher Dosis nicht gut ist, weiß wohl jeder. Vor allem ionisierende Strahlung kann die Zellen so weit beschädigen, dass sie entarten. Deswegen sollte man immer darauf achten, dass man diese gefährliche Strahlung so weit wie möglich verhindert. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass unnötige Röntgenaufnahmen oder CTs vermieden werden.

Weitere Auslöser einer Leukämie

Neben den oben genannten Auslösern kommen auch Viren, chemische Substanzen, Zytostatika und vorbestehende hämatologische Erkrankungen als auslösender Faktor in Betracht.

Symptome

Bei der akuten lymphatischen Leukämie handelt es sich um eine Erkrankung des Blutes, weswegen die Symptome sehr vielseitig und über den ganzen Organismus verteilt sein können.

Symptome der Blutarmut

Durch die vermehrte Bildung von unreifen Lymphozyten kann es zur Verdrängung der anderen Blutzellen kommen. Deswegen sind oft Zeichen der Anämie (Blutarmut) sichtbar, wie zum Beispiel ein allgemeines Schwächegefühl, Blässe oder Atemnot.

Durch einen Mangel an Blutplättchen kann es auch zur vermehrten Ausbildung von Hämatomen (blauen Flecken) oder auch zu spontanen Blutungen kommen. Manchmal sieht man auch kleine punktförmige Einblutungen in die Haut (Petechien).

Symptome durch die vermehrte Zellbildung

Wenn Zellen schneller und in größerer Zahl gebildet werden, braucht dies natürlich auch mehr Platz. Zudem müssen alle Lymphozyten noch in anderen Organen geprägt werden, die überfordert sein können, wenn zu viele unreife Lymphozyten gebildet und ausgeschwemmt werden.

Durch die vermehrte Bildung von Lymphozyten kann es deswegen zu Knochenschmerzen, Bauchschmerzen, Vergrößerung der Milz oder der Leber und einer Störung bei der Füllung des Herzens durch einen zu großen Thymus kommen. Häufig schwellen auch die Lymphknoten an.

B-Symptomatik als allgemeiner Hinweis

Wie bei vielen anderen ernst zu nehmenden Erkrankungen wird auch die so genannte B-Symptomatik meistens ausgebildet. Dazu zählt nicht nur Gewichtsverlust und Schwäche, sondern auch Nachtschweiß als typisches Symptom.

Weitere Symptome

Durch den Verlust der Funktionsfähigkeit der Lymphozyten können natürlich auch Keime in Form von Viren oder Bakterien nicht mehr vom Körper bekämpft werden. Es zeigt sich eine gesteigerte Anfälligkeit für Infekte aller Art.

Zudem kommt es oft auch zu neurologischen Ausfällen, die genau diagnostiziert werden müssen.

Diagnose

Neben der genauen Anamnese ist natürlich eine körperliche Untersuchung wichtig. In dieser kann zum Beispiel eine geschwollene Leber und oder Milz und auch vergrößerte Lymphknoten auffallen.

Laborwerte erhärten die Diagnose

Zur Sicherung der Diagnose müssen einige Blutuntersuchungen gemacht werden. So gilt das Vorfinden von Blasten, also Vorstufen von weißen Blutzellen, im peripheren Blut als Beweis für das Vorliegen eine Leukämie. Einige andere Untersuchungsmethoden müssen jedoch noch genauer definieren, welche Zellen entartet sind, um die richtige Therapie starten zu können.

Knochenmarkpunktion zur Diagnosesicherung

Die genaue Diagnose der entarteten Zellen kann nur durch die Untersuchung des Knochenmarks kommen. Dazu wird meistens der Hüftknochen, manchmal auch das Schulterblatt, mit einer dicken Nadel angestochen und etwas Material aus dem Knochen entnommen werden. Dies wird dann in spezialisierten Laboren untersucht.

Weitere Untersuchungen

Da es sich bei der akuten lymphatischen Leukämie um eine ernste Erkrankung handelt, muss eine Reihe weitere Untersuchungen gemacht werden. Dazu gehören nicht nur Röntgenaufnahmen vom Brustkorb und Ultraschall des Bauches, sondern auch andere bildgebende Verfahren wie Computertomographie oder Magnetresonanztomographie oder Skelett-Szintigraphien können von großer Relevanz sein.

Therapie

Die Therapie der akuten lymphatischen Leukämie muss in einem dafür spezialisierten Zentrum durchgeführt werden, damit sie wirklich effektiv sein kann. Zudem ist es wichtig, dass man Zusatzmaßnahmen ergreift um den Körper zu schützen und in der Heilung zu unterstützen.

Unterstützende Maßnahmen

Zu den Unterstützungsmaßnahmen gehört zum Beispiel, dass auf eine keimarme Umgebung geachtet wird. Für Kinder bedeutet dies, dass sie unbedingt aus Kindergarten und Schule genommen und oft auch stationär aufgenommen werden müssen. Sowohl zu Hause, als auch im Krankenhaus müssen besondere Hygienemaßnahmen durchgeführt werden.

Sollte trotzdem eine Infektion mit irgendeiner Erkrankung erfolgen, ist es von entscheidender Bedeutung das Immunsystem mit Breitbandantibiotika zu unterstützen.

Die Lebensqualität erhöhen

Um die Lebensqualität zu verbessern können so genannte Konzentrate aus Blutbestandteilen gegeben werden. So werden bei Anzeichen einer Anämie rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und bei der Neigung zu Blutungen Blutplättchen (Thrombozyten) verabreicht.

Chemotherapie als zentrale Behandlung

Eine wirkliche Besserung der Erkrankung kann nur durch eine Chemotherapie erreicht werden. Diese erfolgt in mehreren Phasen, zwischen denen Erholungsphasen liegen, in denen sich der Körper von den aggressiven Medikamenten wieder erholen kann.

Oft wird in einer Vorphase die Chemotherapie erst einmal vorbereitet, damit die eigentliche Therapie später dann wirkungsvoller sein kann. In einer meist achtwöchigen Induktionstherapie wird dann versucht die Remission zu erreichen, das heißt, dass die Leukämiezellen um 95% reduziert werden. Dazu werden Medikamente verabreicht, die Zellen zerstören, die sich schnell teilen. Das hat natürlich auch viele unangenehme Nebenwirkungen, da auch gesunde Körperzellen angegriffen werden.

Darauf erfolgt die so genannte Konsolidierungstherapie, in denen über weitere acht Wochen hinweg starke Medikamente gegeben werden. Danach kommt noch eine sechswöchige Reinduktionstherapie, die im Grunde der Induktionstherapie entspricht.

Wenn diese schwierigen Wochen überstanden wurden, wird die Erhaltungstherapie eingeleitet, in denen über zwei Jahre orale Medikamente gegeben werden, die dazu beitragen sollten, dass man in Remission bleibt, dass sich die Tumorzellen nicht mehr weiter ausbreiten.

Alternative oder erweiterte Therapien

Wenn die Chemotherapie nicht die erwünschte Wirkung zeigt, häufige Rezidive auftreten oder besonders schwere Formen der ALL vorliegen, dann kann auch eine Bestrahlungstherapie ins Auge gefasst werden.

Alternativ kann auch eine Stammzelltransplantation oder Knochenmarkstransplantation durchgeführt werden. Denn auch wenn man es oft schafft, den Körper in Remission zu bewahren, muss man sich darüber im Klaren sein, dass dies nicht einer Heilung gleich kommt. Sondern nur, dass die Erkrankung in Schach gehalten wird. Von einer Heilung spricht man nur, wenn wirklich alle entarteten Zellen zerstört werden konnten.

Prognose

Die Prognose für Kinder mit ALL hat sich in den letzten Jahren extrem verbessert. Durch eine bessere Diagnostik und neue Medikamente können heute über 80% der Kinder soweit behandelt werden, dass sie rezidivfrei überleben können. Das heißt, dass die Leukämie nie wieder auftritt.

Mehrere Faktoren für den Behandlungserfolg

Doch auch wenn viele Kinder geheilt werden können, hängen die Chancen auf ein rezidivfreies Leben von mehreren Faktoren an. Dazu gehört zum Beispiel das Alter des Kindes, das Anschlagen der Chemotherapie, das Vorhandensein eines Spenders innerhalb der Familie und den eventuell vorhandenen Veränderungen im Erbgut.

Doch auch wenn die akute lymphatische Leukämie heute sehr gut therapiert werden kann, handelt es sich keineswegs um eine leicht zu nehmende Erkrankung. Denn eines muss eindeutig gesagt werden, wenn die Behandlung unterlassen wird, führt die Leukämie innerhalb weniger Wochen oder Monate zum Tod. Aber das kann heute glücklicherweise meist verhindert werden!

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Danilo Glisic

Danilo Glisic
Autor

Als Biologie- und Mathematikstudent verfasst er leidenschaftlich Magazinartikel zu aktuellen medizinischen Themen. Aufgrund seiner Affinität zu Zahlen, Daten und Fakten, liegt sein Fokus dabei auf der Beschreibung von relevanten klinischen Studienergebnissen.

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