Chorea Huntington

Grundlagen

Chorea Huntington (Huntington- Krankheit) ist auch unter dem Namen „Veitstanz“ geläufig und bezeichnet eine seltene Erbkrankheit, die das Gehirn betrifft und dort Bewegungsstörungen, sowie Wesensveränderungen bis hin zu Demenz bewirkt.

Der Ausbruch der Krankheit kann sich in jedem Lebensalter vollziehen, jedoch treten die ersten Symptome meistens im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf, können aber auch schon in der frühen Kindheit, sowie im hohen Alter auftreten. Die Huntington- Krankheit kommt mit einer nur geringen Rate von zwei bis acht von 10.000 Personen in der Bevölkerung vor.

Ärzte haben nur wenig Spielraum, was die Behandlungsmöglichkeiten und den Verlauf von Chorea Huntington betrifft. Viele Stoffe, die dem fortschreitenden Nervenzellabbau entgegenwirken (Neuroprotektion), wurden Tests unterzogen, ohne bislang einen deutlichen Effekt auf den Krankheitsverlauf verzeichnen zu können. Mithilfe von Medikamenten können bisher nur die Krankheitssymptome gelindert werden.

Eine weitere Hilfe für Betroffene und Angehörige bieten entsprechende Selbsthilfegruppen.

Ursachen

Die Ursache für die Huntington- Erkrankung ist der Untergang von Nervenzellen in bestimmten Gehirngebieten. Dieser Untergang ist genetisch bedingt. Das für die Krankheit verantwortliche Gen wird jedoch nicht geschlechtsgebunden vererbt, was bedeutet, dass sowohl Männer als auch Frauen im gleichen Ausmaß betroffen sind. Bekommt ein Gen-Defekt- Träger ein Kind, besteht für dieses ein Risiko von 50 Prozent ebenfalls an Chorea Huntington zu erkranken.

Um die Entstehung der Huntington- Krankheit zu verstehen, muss auf das molekulare Alphabet der Erbsubstanz (DNA) genauer eingegangen werden. Diese besteht aus vier Nukleinsäuren: Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Durch Kombination dieser vier Säuren entsteht die gesamte Erbinformation, die in den Chromosomen gespeichert ist. Die Ursache für Chorea Huntington ist eine Veränderung im Chromosom vier. Beim gesunden liegt dort ein Bereich, in dem sich die Nukleinsäuren Cytosin-Adenin-Guanin zehn bis 30-mal wiederholt. Wiederholt sich diese Abfolge mehr als 36 Mal (CAG-Repeats und CAG-Triplets) kommt es zum Ausbruch der Huntington- Krankheit. Kommen zwischen 30 und 35 CAG- Wiederholungen vor, lässt sich nicht genau sagen welche Auswirkungen auftreten.

Etwa ein bis drei Prozent der Erkrankungen geschehen ohne familiäre Vorbelastung. Hierbei kann es sich entweder um eine Neumutation handeln oder aber ein Elternteil hat 30 bis 35 CAG- Wiederholungen und die Krankheit kam bei diesem nicht zum Ausbruch. Oft ist zu beobachten, dass von Generation zu Generation die Anzahl der Repeats oft zunimmt. Ist die Anzahl der Wiederholungen größer als 36, bricht die Krankheit aus.

Je mehr CAG- Wiederholungen sich auf dem Chromosom vier befinden, desto eher kommt es zum Ausbruch von Chorea Huntington und desto schneller schreitet die Erkrankung fort. Die Huntington- Krankheit betrifft vor allem die Gehirnrinde mit den Stammganglien. Als Stammganglien werden große Nervenzellverbände im Inneren der Gehirnhälften bezeichnet, die für den geregelten Bewegungsablauf nötig sind.

Symptome

Das Anfangsstadium der Erkrankung ist häufig von psychischen Auffälligkeiten gekennzeichnet. Die Betroffenen sind leichter reizbar, aggressiv oder enthemmt, aber auch der Verlust der Spontaneität oder die Ängstlichkeit können zunehmen.

Als charakteristische Bewegungsstörungen gelten meist plötzlich auftretende, unwillkürliche Bewegungen des Kopfes, der Hände, Arme, Beine und des Rumpfes. Im schlimmsten Fall kann dies zu einem für die Krankheit typischen tänzelnden Gang führen, weshalb die Erkrankung auch den Namen „Veitstanz“ trägt.

Zu Beginn können die Patienten die übertriebenen und ungewollten Bewegungsabläufe noch in ihre normalen Bewegungen einbauen, weshalb sich für den Beobachter das Bild einer übertrieben wirkenden Gestik bietet.

Im späteren Stadium der Krankheit, werden auch die Zungen- und Schlundmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch entsteht eine abgehackt Sprache mit plötzlich ausgestoßenen Worten. Gleichermaßen können Schluckstörungen auftreten, die die Gefahr des Verschluckens mit sich bringen und damit verbundene Lungenentzündungen begünstigen.

Später ist ein Verlust der geistigen Fähigkeit kaum aufzuhalten, die bis hin zu Demenz führen kann. Folgendermaßen sind in der letzten Phase der Erkrankung die Betroffenen komplett bettlägerig und auf die Hilfe anderer Personen angewiesen.

Symptomähnlichkeit besteht auch mit anderen nicht erblichen Krankheiten, wie etwa die Symptome nach einer überstandenen Infektionskrankheit oder bedingt durch die Hormonumstellung in der Schwangerschaft (Chorea gravidarum). In seltenen Fällen können auch Medikamente, sowie die Pille und Schlaganfälle in bestimmten Bereichen des Gehirns Grund für die Symptome sein. Durchblutungsstörungen können im Alter Auslöser für eine spezielle Form von Chorea sein. Vermutungen legen nahe, dass auch Krankheiten, wie etwa eine Schilddrüsenüberfunktion eine Chorea bedingen können. Im Gegensatz zu Chorea Huntington ist hier der Verlauf jedoch nicht fortschreitend, sondern es kommt nach Behebung der Ursache zur Rückbildung der Bewegungsstörung.

Als Auslöser ausgeschlossen werden hingegen psychische Symptome.

Diagnose

Sind bereits Fälle von Chorea Huntington in der Familie bekannt, kann die Diagnose anhand der charakteristischen Symptome, des typischen Verlaufs und Auffälligkeiten in der neurologischen Untersuchung gestellt werden. Um eine sichere Diagnose zu gewährleisten, wird das Blut auf übermäßige Wiederholungen der gleichen Basenpaare (CAG) in einem Gen auf dem Chromosom vier untersucht.

Besteht bei Gesunden der Verdacht auf ein erhöhtes Chorea Huntington Risiko, können auch diese eine Labordiagnostik durchführen lassen. Besteht so ein Verdacht, spricht der Mediziner von Vorhersagediagnostik oder prädiktiver Diagnostik. Anhand dieser Diagnoseverfahren lässt sich mit Sicherheit sagen, ob die Person an Chorea Huntington erkranken wird, jedoch kann diese Gewissheit auch immense Auswirkungen auf die Psyche des Betroffenen haben. Aus diesem Grund bestehen Richtlinien, die verhindern, dass weder bei Minderjährigen noch auf Wunsch dritter Personen eine genetische Untersuchung durchgeführt wird.

Um sich ein genaues Bild über das Ausmaß der Nervenschädigung zu machen, werden die Patienten meistens auch neurologischen, neuropsychologischen und psychiatrischen Untersuchungen unterzogen. Diese Untersuchungen dürfen ausschließlich von erfahrenen Ärzten oder speziell ausgebildeten Neuropsychologen durchgeführt werden.

Um das Ausmaß des Abbaus einzelner Bereiche im Gehirn ermitteln zu können, können sowohl Computertomografie, als auch Kernspin- Tomografie eingesetzt werden.

Therapie

Die Ursachen für Chorea Huntington können nicht behandelt werden. Die Therapie zielt vielmehr darauf aus, die Symptome zu lindern. Wirkstoffe wie Tiaprid und Tetrabenazin, sowie Neuroleptika können die übermäßig, unkontrollierten Bewegungen einbremsen. Bestehen depressive Verstimmungen, kann mit Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin- Wiederaufnahme- Hemmer (SSRI) oder Sulpirid entgegengewirkt werden.

Eine offiziell vorgeschriebene Therapie gegen den fortschreitenden Prozess von Chorea Huntington besteht nicht. In bestimmten Stadien kann der geistige Abbau durch den Wirkstoff Memantin gebremst werden.

Neben der medikamentösen Therapie können auch weitere Maßnahmen zur Unterstützung beitragen, wie etwa Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Dadurch können durch bestimmte Übungen Schluck- und Sprechstörungen gebessert werden. Mithilfe von Ergotherapie können die Aktivitäten des Alltags eingeübt werden und somit eine längere Selbstständigkeit gewährleistet werden.

Aufgrund der starken Gewichtsabnahme, unter der viele Patienten leiden, ist eine kalorienhaltige Ernährung essentiell, da leichtes Übergewicht die Symptome mildert. Eine Therapie, die den Abbauprozess verhindern kann, ist noch nicht entwickelt. Auch wenn bereits einige medikamentöse Ansätze vorliegen, befinden sich diese alle noch im Experimentalstadium. CoEnzym Q10, ein körpereigenes Eiweiß, das die Zellen vor Schäden bewahrt, hat in hohen Dosen leicht positive Auswirkungen, beeinflusst insgesamt den Krankheitsverlauf jedoch nicht.

Ein andere Wirkstoff, der speziell gegen die Huntington- Krankheit entwickelt wurde, ist Ethyl- Icosapent, ein aus dem Fischöl- Bestandteil Eicosapentsöure entwickeltes Medikament. Dieser Bestandteil soll die Schädigung bestimmte Zellbestandteile verhindern und eine Steigerung der Leistungsfähigkeit erkrankter Nervenzellen erreichen. Jedoch wirkt auch dieses Medikament nicht der Bewegungsstörung entgegen.

Prognose

Da Chorea Huntington nicht heilbar ist, sterben die Erkrankten durchschnittlich 19 Jahre nach dem ersten Auftreten der Symptome. Dieser Durchschnittswert kann schwanken, da die Entwicklungen einzelner Beschwerden, sowie die Verträglichkeit und das Ansprechen auf bestimmte Medikamente individuell unterschiedlich sind.

Danilo Glisic

Danilo Glisic

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