Chronisches Nierenversagen

Grundlagen

Beschreibung

Eine andauernd verringerte Leistungsfähigkeit der Nieren wird als chronische Niereninsuffizienz (bzw. Nierenschwäche) bezeichnet. Sie kann zum akuten Nierenversagen führen.

Die Nieren sind verantwortlich dafür, dass das Blut gereinigt wird und Stoffwechselabfälle durch den Urin ausgeschieden werden.

Wenn die Funktion gestört ist, reichern sich die Gifte im Blut an und es kommt zu einer Urämie (Harnvergiftung). Dazu kommen Ödeme (Wassereinlagerungen) im Gewebe, weil die durch Nahrung zugeführte Flüssigkeit nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden kann.

Neben dem Reinigen und Ausscheiden produzieren die Nieren diverse Hormone. Es handelt sich dabei um Hormone zur Regelung von Blutdruck, Knochenstoffwechsel und Blutbildung. Das bedeutet, dass der Körper bei einer Niereninsuffizienz nicht nur mit Giften, sondern auch mit gestörtem Blutdruck, Vitamin- und Hormonhaushalt sowie Blutgerinnung zu kämpfen hat.

Ab einem Ausfall von etwa 60 % der Nieren, reichern sich harnpflichtige Substanzen (alles, was durch den Urin ausgeschieden werden muss) im Blut an. Schreitet die Insuffizienz fort, kann es zu einem akuten Nierenversagen kommen. Unbehandelt ist diese Erkrankung lebensbedrohlich. Um die Ausscheidung von Giften und Wasser sicherzustellen, wird das Blut mit Hilfe der Dialyse künstlich gewaschen. Es kann z.B. Hämodialyse oder Bauchfelldialyse zum Einsatz kommen. Auch eine Nierentransplantation kann Abhilfe schaffen.

Ursachen

Ist eine Niere insuffizient, kann sie ihrer Aufgabe, Blut zu waschen und Harn auszuscheiden, nicht mehr gerecht werden.

Normalerweise besitzt jeder Mensch zwei Nieren. Sie setzten sich aus je über 1.000.000 Glomeruli (Nierenkörperchen) zusammen, welche wiederum aus kleinsten, zusammengeknäulten Äderchen bestehen. Durch diese fließen in einer Art Endlosschleife täglich ca. 180 l Primärharn. Schadstoffe und Gifte werden gefiltert und in ca. 1,5 l Urin konzentriert.

Verschiedenste Krankheiten können für ein chronisches Versagen der Nieren verantwortlich sein. Wird Nierengewebe von einer Erkrankung betroffen, sterben Nierenkörperchen mitsamt ihren Kanälchen ab.

Die übrig gebliebenen Glomeruli müssen dann die Funktion der abgestorbenen übernehmen, um die Gesamtleistung aufrecht zu halten. Bis zu einem gewissen Punkt ist das kein Problem, weshalb eine Niereninsuffizienz nicht selten erst spät bemerkt wird, nämlich dann, wenn bereits zu wenig Gewebe vorhanden ist.

Jährlich erkranken im westlichen Europa 10/100.000 Menschen an chronischer Niereninsuffizienz. Die häufigsten Ursachen sind:

  • Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Infektionen der Glomeruli (z.B. Glomerulonephritis)
  • Harnwegsinfekte (z.B. Pyelonephritis)
  • Zystennieren (Erbkrankheit)
  • Schmerzmittel (große Mengen täglich, über Jahre hinweg)
  • Tumoren der Niere

Symptome

Beginn

Der genaue Verlauf von chronischem Nierenversagen hängt davon ab, welche andere Krankheit der Auslöser ist. Auch Folgeerkrankungen spiegeln sich in den späteren Symptomen maßgeblich wieder.

Nicht selten wird die Erkrankung erst sehr spät diagnostiziert, da bei einer leichten Insuffizienz kaum oder nur schwer zuzuordnende Beschwerden auftreten. Das können z.B. Leistungsabfall und andauernde Müdigkeit sein. Betroffene weisen oft auch vermehrten Harndrang mit sehr hellem und wenig konzentriertem Urin auf.

Fortgeschrittene Krankheit

Ist das Nierenversagen weiter vorangeschritten, zeigen sich oftmals folgende Symptome:

  • wenig Urin (< 1,5 l/d)
  • Ödeme (Wasseransammlungen) - besonders an Beinen und Augenlidern
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • renale Anämie (Blutarmut) - dadurch Blässe oder Café-au-lait verfärbte Haut
  • schäumender Urin - durch zu viel Protein
  • rot oder rot-braun verfärbter Urin - durch Abbauprodukte von Hämoglobin (Blutfarbstoff)
  • schmerzende Knochen
  • Muskelschwäche
  • Verlust von Appetit
  • Erbrechen, Übelkeit
  • Juckreiz am gesamten Körper

Diagnose

Für die Diagnose von chronischer Niereninsuffizienz werden Blut und Urin untersucht. Wichtige Werte sind die Urinmenge und Kreatinin-Clearence, welche angibt wie gut die Nieren arbeiten.

Meistens sind die Nierenwerte Kreatinin und Harnstoff (Abbauprodukte von Protein) bei einer gestörten Funktion erhöht.

Das Feststellen der Grunderkrankung hat oberste Priorität. Abhängig vom Verdacht des behandelnden Arztes folgen weitere Untersuchungen wie z.B. eine Sonografie (Ultraschall) oder Biopsie (Untersuchung von Gewebeproben). Zeitgleich müssen eventuelle Folgeerkrankungen (z.B. renale Anämie – Blutarmut) behandelt werden.

Therapie

Wie die Behandlung aussieht, hängt von Ursache und Krankheitsstadium ab. Zuerst wird die Grunderkrankung behandelt, um weiteres, irreversibles Absterben von Nierengewebe zu verhindern.

Dann müssen die Folgeerkrankungen behandelt werden. Dazu sind notwendig:

  • vermehrte Flüssigkeitszufuhr (2 – 2,5 l/d) und Diuretika (harntreibende Medikamente)
  • regelmäßige Kontrolle von Blutelektrolyten (-salze) und Körpergewicht
  • Bluthochdruck behandeln (ACE-Hemmer und AT1-Blocker)
  • Blutfettwerte mindern (lipidsenkende Medikamente)
  • renalen Anämie (Blutarmut) behandeln
  • Knochenkrankheiten therapieren (Mangel an Vitamin D durch Niereninsuffizienz)

Ernährung

Der Erfolg der Behandlung hängt zum Großteil auch von der Ernährung ab. Die Kost sollte Protein- und Phosphatarm sein. In der Regel gilt, dass Lebensmittel mit hohem Eiweißgehalt auch reich an Phosphat sind.

Ernährungstipps:  

  • Phosphatreich sind Nüsse, Müsli, Innereien, Vollkornbrot, Schmelzkäse, Kochkäse, Dosenmilch und div. Wurstsorten. Wer nicht auf Wurst verzichten will, sollte sich vor dem Verzehr nach dem Phosphatgehalt erkundigen.  
  • Verzehrtes Protein sollte eine hohe biologische Wertigkeit besitzen, also aus vielen essentiellen Aminosäuren bestehen, welche der Körper selbst nicht bilden kann. Eine ausgewogene Kombination von Proteinquellen ist wichtig, z.B.: Kartoffeln + Ei, Bohnen + Ei, Milch + Weizen, Ei + Weizen, Hülsenfrüchte + Weizen.
  • Es gibt spezielle Eiweißarme Lebensmittel (z.b. Mehl und Backwaren), die verwendet werden sollten.  
  • Trink- und Kondensmilch können durch Obers ersetzt und je nach Verwendungszweck mit Wasser verdünnt werden.

Eine konsequente Therapie kann Folgeschäden an Herz, Gefäßen und Knochen größtenteils vermeiden. Die Niereninsuffizienz kann dennoch fortschreiten, sodass Dialyse (Blutwäsche) oder Nierentransplantation notwendig werden.

Prognose

Durch eine chronische Niereninsuffizienz kann die Lebenserwartung verkürzt sein, insbesondere wenn die Grunderkrankung Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist. Betroffene erliegen zum Teil den Folgeschäden an Herz und Gefäßen.

Vorbeugen

Die unumstritten häufigsten Ursachen von Nierenschäden sind Diabetes Mellitus (Zuckerkrankheit) und Hypertonie (Bluthochdruck). Ein gut eingestellter Diabetes kann der chronischen Nierenschwäche vorbeugen.

Die Einnahme von Medikamenten (auch rezeptfreie!) belastet die Nieren zusätzlich. Besprechen Sie deshalb jedes Medikament mit Ihrem Hausarzt. Wenn bereits eine Niereninsuffizienz besteht, muss außerdem häufig die Dosis angepasst werden.

Tipps

Häusliche Pflege

Sobald Dialyse notwendig wird, kommt es zu einem großen Einschnitt in den gewohnten Alltag. Der Körper muss von Grund auf neu kennengelernt, die Ernährung umgestellt und das Trinkverhalten verändert werden. Wer gut über Nierenschwäche und Dialyse informiert ist, kann besser mit der neuen Situation umgehen, das gilt auch für Angehörige.

Neben dem Verstehen ist auch wichtig, auf seine seelischen und körperlichen Bedürfnisse zu hören und ihnen nachzugehen. Unterstützung bieten Familie, Personal im Dialysezentrum, Selbsthilfegruppen und andere Patienten.

  • Nach der Dialyse-Behandlung sollten Sie Ihrem Körper die Ruhe geben, die er braucht und jede Form von Anstrengung vermeiden.
  • Der Shunt (verbindet Vene und Arterie) muss wegen evtl. Nachblutungen beobachtet werden. Das Pflaster sollte bis zum nächsten Tag nicht entfernt werden.
  • Um Infektionen zu vermeiden, sollte die Haut um den Shunt täglich, insbesondere vor der Dialyse mit Wasser und Seife gereinigt werden. Ideal wären eine gesunde, reizlose Haut und ein tastbares „Rauschen“.
  • Keinesfalls sollte der Blutdruck am Shunt-Arm gemessen werden.

Körperpflege

  • Durch die Dialyse können Hautprobleme (Juckreiz, Trockenheit) auftreten. Abhilfe schaffen milde Pflegemittel mit Kamillen- oder Salbeiextrakt und klares Wasser. Sie beseitigen außerdem unangenehme Gerüche. Entfettende Seifen sollten vermieden werden. Einem Vollbad sollten Sie Badeöle zufügen.
  • Feuchtigkeitscreme sollte zumindest 1x täglich am gesamten Körper aufgetragen werden.  
  • Alkoholische Lösungen (z.B. Franzbranntwein) sollten vermieden werden. Sie erfrischen zwar, trocknen aber die Haut aus.
  • Bei der Kleidungswahl sollte Naturfasern (Atmungsaktiv!) der Vorzug gegeben werden. Steigern Sie Ihr Wohlbefinden außerdem mit viel frischer Luft und Bewegung, kühles Raumklima und ausreichender Luftfeuchtigkeit.
  • Die Mundhygiene kann, abgesehen von Zahnpasta, mit Kräutertees, verdünntem Zitronensaft oder Mundwasser unterstützt werden.

Sport und Bewegung

Generell steht chronisches Nierenversagen Sport nicht im Weg. Dennoch sollten Sie mit Ihrem Arzt klären, ob Sie Sport treiben können und vor allem welchen. Möglich sind z.B.:

  • Wassergymnastik
  • Schwimmen
  • Radfahren
  • Wandern

Sie sollten sich keinesfalls überlasten, ein Pulsmessgerät kann dabei helfen. Normalerweise ist die Belastung angemessen, solange Sie sich noch locker unterhalten können.

Essen und Trinken

Diätvorschläge, welche mit Ihnen im Krankenhaus erarbeitet wurden, sind unbedingt zuhause umzusetzen. Damit tragen Sie zum Großteil des Behandlungserfolgs bei.

Vermeiden Sie stark wasser- und kaliumhaltige Nahrung. Ein zu hoher Kaliumblutspiegel kann zu Herzrhythmusstörungen führen.

Stark kaliumhaltig sind:

  • frisches Gemüse (Spinat, grüner Kohl, Tomate)
  • frisches Obst, Trockenfrüchte (Banane, Kiwi)
  • Obst- und Gemüsesäfte
  • Nüsse
  • Schokolade und Kakaoprodukte
  • Vollkornprodukte
  • Kartoffeln

Kartoffeln und Gemüse sollten schon einige Stunden vor dem Verzehr gewässert werden. Dosenobst und –gemüse sollte der Vorzug gegeben werden, da sie weniger Kalium enthalten als frisches. Beim Kauf von Fertigprodukten sollten Sie einen Blick auf die Inhaltsstoffe werfen, da häufig Phosphat zugesetzt ist (z.B. Schmelzkäse).

Dialysepatienten dürfen nur begrenzt Flüssigkeit zu sich nehmen. Das erfordert ein hohes Maß an Disziplin. Wieviel getrunken werden darf, hängt von der Urinausscheidung pro 24h ab. Es sollte nur soviel getrunken werden, wieviel Sie auch wieder ausscheiden können, plus 0,5 l. Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass auch Nahrung Flüssigkeit enthält (nicht nur Suppen, sondern auch Obst, Gemüse, Joghurt, Pudding, Fisch, Fleisch, etc).

Durstlöscher

  • Kaugummi ohne Zucker
  • Eiswürfel
  • Zitronenstücke
  • Mund spülen
  • sehr Süßes oder Salziges meiden

Peritonealdialyse-Patienten

Beim Beutelwechsel ist Sauberkeit oberstes Gebot. Sämtliche Teile und Utensilien müssen steril sein, um Infektionen vorzubeugen.

Die Katheter-Austrittsstelle muss regelmäßig überprüft werden. Anzeichen einer Entzündung sind Rötung, Schwellung oder Ausfluss von Sekret.

Bei intakter, reizloser Haut, reicht es den Verband alle 1-2 Tage zu wechseln. Dazu wird die Stelle zuerst desinfiziert, mit sterilen Tupfern getrocknet und dann neu verbunden. Tägliches Duschen stellt kein Problem dar, allerdings muss danach der Verband gewechselt werden. Bei einer geröteten Austrittsstelle sollten Sie Ihren Arzt konsultieren.

Bei weiteren Fragen können Sie sich an das nächste Dialysezentrum wenden.

Danilo Glisic

Danilo Glisic

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