Leistenbruch (Hernia inguinalis)

Leistenbruch (Hernia inguinalis)

Grundlagen

Ein Leistenbruch ist ein Eingeweidebruch im Bereich des Leistenkanals. Unter der Leiste versteht man den Übergang zwischen der vorderen Bauchwand und den Beinen, an welchem die Bauchmuskeln und die Beinmuskeln ineinander übergehen. An dieser Stelle besitzt die Bauchwand mehrere Schwachstellen, wie zum Beispiel den rechten und den linken Leistenkanal. Bei einem Leistenbruch treten die normalerweise durch den Leistenkanal führenden bzw. zurückgehaltenen Eingeweideteile in der Leistengegend aus dem Bauchraum heraus, was zu einer sackförmigen Ausstülpung des Bauchfells führt. Im Leistenkanal verlaufen bei Männern der Samenstrang sowie die Hodenarterien und Hodenvenen. Bei Frauen befindet sich darin das Gebärmutterband (Ligamentum teres uteri), welches zur Gebärmutter zieht.

Der Leistenbruch ist eine relativ häufige Erkrankung, von der Männer bis zu neunmal häufiger betroffen sind als Frauen. Im Kindesalter tritt er bei 1-3% aller Kinder auf.

Inguinalhernien sind zumeist ungefährlich. Dennoch werden sie großteils rechtzeitig chirurgisch behandelt, da sonst die Gefahr besteht, dass Darmteile abgeklemmt werden und dadurch absterben, was zu einer lebensbedrohlichen Situation führt.

Man unterscheidet zwei Formen von Leistenbrüchen:

Indirekter Leistenbruch: Dies ist die häufigere Form des Leistenbruchs. Betroffen sind in erster Linie Neugeborene, Kinder und junge Menschen. Zumeist handelt es sich um einen angeborenen Schaden, von dem Jungen bis zu viermal häufiger betroffen sind als Mädchen. Dabei zieht sich der Bruch durch den inneren Leistenring, sodass der Bruchinhalt entlang des Samenstrangs bzw. des Gebärmutterbandes austritt.

Direkter Leistenbruch: Die Erkrankung ist in den meisten Fällen erworben. Betroffen sind vor allem Erwachsene und ältere Männer. Hierbei tritt der Bruchinhalt direkt durch die geschwächte Bauchmuskulatur an der Leistenkanalhinterwand aus dem Bauchraum heraus.

Ursachen

Zumeist sind Leistenbrüche (Hernien) angeborene Erkrankungen. Die Ursache liegt in einem unvollständigen Bauchwandschluss während der Entwicklung des Embryos. Schwachstellen des Gewebes, die durch fortschreitendes Lebensalter oder durch Operationen bedingt sein können, sind meist der Grund für erworbene Hernien.

Verschiedene Faktoren fördern die Entstehung eines Leistenbruchs. Zu diesen zählen unter anderem eine Druckerhöhung im Bauchraum, die bei Husten, Schwangerschaft, Verstopfung oder beim Aufheben schwerer Lasten vorkommen kann. Weiters begünstigt auch Übergewicht die Entstehung von Hernien.

Symptome

Bei Kindern ist das wichtigste Symptom eines Leistenbruchs eine sichtbare Schwellung im Leistenbereich oder am Hoden.

Beim Erwachsenen gibt es vielfältigere Anzeichen:

  • Sichtbare oder tastbare Schwellung im Leistenbereich, die durch körperliche Belastung oder auch Husten provoziert werden kann. Die Schwellung lässt sich oft schmerzlos "wegdrücken".
  • Leichte Schmerzen in der Leistengegend, die sich durch Abtasten verstärken und in den Hoden ausstrahlen können.
  • Zuweilen Bauchschmerzen.
  • Starke Schmerzen und Erbrechen. Die Ursache liegt darin, dass bei einem Leistenbruch Eingeweide eingeklemmt und so deren Blutversorgung unterbrochen werden kann.

Falls bei einem Kind eine Schwellung in der Leistengegend bemerkt wird, sollte diese von einem Arzt auf das Vorliegen eines Leistenbruchs hin untersucht werden. Bei starken Schmerzen sollte unverzüglich die Ambulanz aufgesucht werden.

Diagnose

Besteht ein Verdacht auf einen Leistenbruch, wird von dem Arzt eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Dabei stellt sich der Patient gerade hin, der Arzt begutachtet die Stelle und tastet sie eingehend ab. Durch Fühlen mit dem Finger wird überprüft, ob die Schwellung durch Husten oder durch Anspannen des Bauches verstärkt wird. Anschließend wird überprüft, ob sich der Bruchinhalt in den Bruch zurückdrücken lässt. Weiters ist auch eine Sonographie (Ultraschalluntersuchung) für die Abklärung eines Leistenbruchs durchaus hilfreich.

Manchmal können leistenbruchähnliche Schwellungen auch durch andere Erkrankungen wie zum Beispiel Lymphknotenschwellungen verursacht sein, dies ist jedoch nur selten der Fall.

Therapie

Eine Operation ist die einzige Möglichkeit, um das Einklemmen von Eingeweiden sicher zu verhindern und so lebensbedrohliche Folgen zu vermeiden. Daher ist von nichtoperativen Behandlungsmethoden, wie dem Tragen eines Stützkorsetts bzw. eines strammen Bruchbandes, abzuraten. Die Tatsache, dass Brüche dazu neigen mit der Zeit größer zu werden, legt eine frühzeitige Behandlung nahe.

Heutzutage sind die Operationen aufgrund moderner Verfahren meist ambulant durchführbar. Die Operation kann unter Vollnarkose, aber auch unter örtlicher Betäubung erfolgen. Auch bei großen Brüchen und Risikopatienten stellt die Leistenbruchoperation einen verhältnismäßig sicheren Eingriff dar.

Man unterscheidet zwischen folgenden Verfahren:

  • Operation nach Shouldice: Dabei werden durch einen Schnitt in der Leiste bestimmte Schichten der Bauchwand verdoppelt, wodurch die Hinterwand des Leistenkanals verstärkt wird.
  • Operation nach Lichtenstein: Hierbei wird die Hinterwand des Leistenkanals mit Hilfe eines Kunststoffnetzes verstärkt.
  • Operation nach Rutkov: Zusätzlich zum Kunststoffnetz (Lichtenstein-Methode) wird durch einen winzigen Hautschnitt eine kleine Netzplatte eingenäht. Dieser Eingriff kann ambulant ausgeführt werden und dauert zirka 20 Minuten.
  • TAPP-Technik: Der Name TAPP bedeutet "transabdominale präperitoneale Netzimplantation". Dabei handelt es sich um einen minimal invasiven Eingriff, bei dem vom Bauchraum aus ein Netz über der Bruchpforte platziert und mit Metallclips befestigt wird.
  • TEPP-Technik: TEPP bedeutet "totale extraperitoneale Hernioplastik". Bei diesem Verfahren wird ebenfalls ein Netz über der Bruchpforte platziert, jedoch zwischen Bauchfell und Muskulatur, wo es von alleine hält. Die Fixierung durch Nähte oder Clips ist hier nicht notwendig.

Die Operation nach Shouldice und die Operation nach Rutkov sind gleichermaßen wirksam. Die Entscheidung, welches Verfahren in bestimmten Fällen eingesetzt werden sollte, liegt beim Arzt. Langzeitrisiken und Erfolge der ambulanten operativen Behandlung von Leistenbrüchen sind noch nicht ausreichend bekannt, um Empfehlungen abgeben zu können.

Eine nichtoperative Behandlungsmethode wie das Stützband wird heute nicht mehr empfohlen, da dadurch die Ursache des Leistenbruchs nicht behoben wird und der Druck von außen zu einer Gewebeschädigung führen kann.

Prognose

Zumeist sind Leistenbrüche ungefährlich, jedoch besteht zu jeder Zeit die Gefahr, dass sich lebensbedrohliche Komplikationen, wie zum Beispiel ein Abklemmen von Eingeweiden, entwickeln. Dabei wird eine Darmschlinge in der Bruchöffnung eingeklemmt und dadurch nicht mehr ausreichend durchblutet, was zum Absterben von Gewebeteilen führen kann. Kommt es zu einer Abklemmung, muss diese innerhalb von sechs Stunden operiert werden, da es sonst zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung kommen kann.

Bei einer Leistenbruchoperation können Gefäße, Nervenstränge und beim Mann der Samenstrang geschädigt werden. Auch kann sich der Hoden in weiterer Folge der zurückbilden. In seltenen Fällen kommt es zu einer Unverträglichkeit gegenüber dem Netz, welches bei der Operation nach Lichtenstein eingesetzt wird. Dieses muss dann operativ entfernt werden.

Selten tritt auch ein erneuter Leistenbruch (Leistenbruch-Rezidiv) auf, der nochmals operativ behandelt werden muss.

Vorbeugen

Einem Leistenbruch sicher vorzubeugen, ist praktisch nicht möglich. Nach Möglichkeit gilt es jedoch, folgende Risikofaktoren zu vermeiden:

  • Übergewicht
  • Heben schwerer Lasten
  • Pressen beim Stuhlgang – dies bedingt jedoch eine weiche Konsistenz des Stuhls und eine entsprechende, ballaststoffreiche Ernährung

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Danilo Glisic

Danilo Glisic
Autor

Als Biologie- und Mathematikstudent verfasst er leidenschaftlich Magazinartikel zu aktuellen medizinischen Themen. Aufgrund seiner Affinität zu Zahlen, Daten und Fakten, liegt sein Fokus dabei auf der Beschreibung von relevanten klinischen Studienergebnissen.

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