HIV-Prävention bei Cisgender-Männern und Transgender-Frauen durch Cabotegravir

In europäischem Raum wurde im Jahr 2020 bei etwa 100 000 Menschen HIV neu diagnostiziert. Trotz der zur Verfügung stehenden, sehr stark wirksamen Präventionsstrategien der Infektion mit dem HI-Virus, müssen diese Mittel (z.B.: TDF-FTC) täglich oral eingenommen werden. Eine Studie hat daher die Wirksamkeit oraler Prä-Expositions-Prophylaxen (kurz: PrEP) analysiert, welche keine regelmäßige orale Einnahme erfordern, wodurch die allgemeine Akzeptanz erhöht werden könnte.
Ein Mensch im weißen Hemd trägt eine Rote Schleife, ein Symbol der Solidarität mit HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Anna Shvets

Cabotegravir:

Die erworbene Immunschwäche-Krankheit AIDS ist das Endstadium einer HIV-Infektion. Die weltweite tägliche Inzidenz liegt bei 5000 Neuinfektionen pro Tag. Das HI-Virus kann bestimmte Körpereigene Zellen des Immunsystems befallen. Dabei können sich Symptome wie Gewichtsverlust oder Durchfall, Grippesymptome, im späteren Stadium eventuell Infektionen (z. B.: Lungenentzündung) bilden. Eine Infektion mit dem HI-Virus ist zurzeit noch nicht heilbar, kann jedoch gut behandelt werden. Mit HIV-Medikamenten kann die Virus-Last im Blut bis unter die sogenannte Nachweis-Grenze gehalten werden. Infolgedessen kann ein stabileres Immunsystem wieder aufgebaut werden, ein höheres Krankheitsstadium verhindert werden und die Infektiosität minimiert bzw. eliminiert werden. 

Bei der hochaktiven antiretroviralen Therapie (kurz: HAART) werden individuell angepasste, unterschiedliche Medikamente kombiniert, um eine Resistenz-Entwicklung des HI-Virus vorzubeugen. In diesem Zusammenhang könnte die tägliche orale Einnahme von Tenofovir-Disoproxilfumarat-Emtricitabin (TDF-FTC) in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen einen möglichen Schutz vor einer HIV-Infektion bieten. Da man diese Arzneimittel täglich einnehmen muss, untersuchten forschende Personen nun die Wirksamkeit oraler Prä-Expositions-Prophylaxemittel (kurz: PrEP), welche keine regelmäßige oder geplante Einnahme erfordern, um die eventuelle Akzeptanz und Schutz in Risikoperioden zu erhöhen. 

Dabei wurde der Wirkstoff Cabotegravir in der Studie untersucht, welcher im Arzneimittel Vocabria enthalten ist. Dieses kommt zusammen mit dem Mittel Rilpivirin zur Behandlung von Erwachsenen zur Anwendung, welche mit dem HI-Virus Typ 1 infiziert sind (d.h. kann AIDS verursachen). Vocabria hemmt dabei ein bestimmtes Enzym (d.h. Integrase), welches das Virus benötigt, um neue Kopien von sich selbst im Körper zu produzieren. Dadurch wird die HIV-Menge im Blut niedrig gehalten.

Das Arzneimittel wurde im Rahmen von drei Hauptstudien untersucht. Dabei verzeichnete es eine signifikante Wirkung bei Patienten mit HIV-Infektionen, ohne und mit vorheriger Einnahme von anderen HIV-Arzneimitteln. Eine Studie verabreichte dabei das Arzneimittel (in Kombination mit Rilpivirin) entweder monatlich oder alle zwei Monate. Das Ergebnis war ähnlich wirksam wie bei den anderen zwei Studiendesigns. Nach 48 Wochen lag der HIV-1-Spiegel bei 1,7% der Patienten (Injektion alle zwei Monate) über dem Grenzwert, wobei im Vergleich dazu 1% der Patienten mit monatlicher Injektion einen Grenzwertüberschuss aufzeichneten. 

HIV-Präventionsstudie:

Die im Jahr 2021, in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine publizierte, randomisierte, doppelblinde, nicht unterlegene Studie untersuchte in diesem Zusammenhang langwirksames injizierbares Cabotegravir. Der Wirkstoff wurde in einer Dosis von 600 mg alle 8 Wochen intramuskulär verabreicht und mit täglichem oralem Tenofovir-Disoproxilfumarat-Emtricitabin (kurz: TDF-FTC) bei gefährdeten Cisgender-Männern, welche Geschlechtsverkehr mit Männern haben, und bei gefährdeten transgender-Frauen, die Sex mit Männern haben, verglichen. Die teilnehmenden Personen wurden randomisiert (1:1) einer Therapiemethode zugewiesen und 153 Wochen lang untersucht. Dabei wurden HIV-Tests und Sicherheitsbewertungen durchgeführt.

Signifikante Ergebnisse:

Insgesamt wurden 4566 teilnehmende Personen untersucht, wobei 12,5% (d.h. 570 Teilnehmerinnen) angaben, Transgender Frauen zu sein. Das durchschnittliche Alter betrug 26 Jahre. Laut Analyse trat eine HIV-Infektion bei 52 Teilnehmern auf, wobei 13 davon in der randomisierten Gruppe mit dem Wirkstoff Cabotegravir waren. Die Wirkung war in allen einzelnen Untergruppen gleich, wobei Reaktionen an der Injektionsstelle bei 81,4% der teilnehmenden Personen in der Gruppe mit Cabotegravir und 31,3% bei der Kontrollgruppe verzeichnet wurde. 

Fazit:

Laut Studienergebnissen konnte injizierbares Cabotegravir bei Männern, die Sex mit Männern haben und Transgender-Frauen einen besseren Schutz vor einer HIV-Infektion verzeichnen als bei der Gruppe mit TDF-FTC. 

Eine ähnlich aufgebaute, aktuell laufende Studie, kontrollierte die Wirkung von Cabotegravir bei Cisgender Frauen in Afrika. Diese Untersuchung wurde vorzeitig entblindet, da Forscher eine Überlegenheit von Cabotegravir gegenüber täglich oralem TDF-FTC verzeichneten. Des Weiteren wird die Sicherheit und Akzeptanz von Cabotegravir bei Jugendlichen untersucht. 

Cabotegravir-Injektionen, welche monatlich oder alle zwei Monate angewendet werden, könnten für Patienten nützlicher sein als eine tägliche Einnahme von Arzneimitteln. In der EU ist Vocabria, ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Cabotegravir, laut EMA zugelassen worden. 

Jedenfalls sind sichere und wirksame Langzeitwirkstoffe für die Präexpositionsprophylaxe von einer HIV-Infektion notwendig, um die Optionen zur Prävention von einer Infektion mit dem HI-Virus zu erweitern. 

Danilo Glisic

Danilo Glisic

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Zuletzt aktualisiert am 10.09.2022

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