Grundlagen
Scopolamin ist ein Arzneistoff, der zur Behandlung der Reisekrankheit und in der Augenheilkunde als Diagnostikum eingesetzt wird. Chemisch gesehen ist Scopolamin ein sogenanntes Tropanalkaloid, das natürlich in einigen Pflanzen der Familie der Nachtschattengewächse (lat. Solanaceae) zu finden ist. Dazu zählen hauptsächlich die Tollkirsche (Atropa belladonna), das Bilsenkraut (Hyoscamus niger), der Stechapfel (Datura stramonium) und die Gattung der Engelstrompeten (Burgmansia). In der Pharmakologie wird der Stoff zu den Anticholinergika gezählt.
Scopolamin ist nur gegen ärztliche Verschreibung erhältlich.
Indikationen und Anwendungen
Scopolamin wird therapeutisch in der Regel zur Behandlung der postoperativen Übelkeit und der Reisekrankheit eingesetzt. Bei ersterem erfolgt die Gabe in Form eines transdermalen Pflasters. Weiters findet es oft Anwendung in der Augenheilkunde. Dabei wird es eingesetzt, um die Pupillen zu erweitern, um die Brechkraft des Auges zu untersuchen.
Zudem kann Scopolamin in der Palliativmedizin zur Linderung des sogenannten Todesrasseln (engl. Death rattle), welches oftmals in den letzten Lebensstunden von Schwerkranken auftritt, eingesetzt werden. Dabei erfolgt die Gabe entweder subkutan oder als transdermales Pflaster. Obwohl Scopolamin für diese Anwendung in den meisten Ländern noch nicht zugelassen ist, wird weiterhin intensiv daran geforscht. Es gibt bereits einige Studien, die auf eine Wirksamkeit in diesem Bereich hinweisen, was möglicherweise zu einer zukünftigen Zulassung führen könnte.
Geschichte
In der Antike und im Mittelalter wurden Tränke und Zubereitungen aus Pflanzen verwendet, die heute bekannterweise Scopolamin enthalten. Trotzdem fand eine breite Anwendung von schmerzlindernden Arzneimitteln wahrscheinlich nicht statt, vermutlich aufgrund der Nebenwirkungen und der unvorhersehbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen. Das Wort "Scopolamin" leitet sich von "Scopolia carniolica" ab, einer Nachtschattenpflanze, die Carl von Linné zu Ehren ihres vermuteten Entdeckers J. A. Scopoli so benannt hat. Obwohl Scopolamin erstmals 1959 vollständig synthetisiert wurde, ist die Synthese bis heute weniger effizient als die Extraktion von Scopolamin aus Pflanzen.