Oxytocin

Oxytocin
ATC Code H01BB02
Summenformel C43H66N12O12S2
Molare Masse (g·mol−1) 1007.2
Aggregatzustand fest
CAS-Nummer 50-56-6
PUB-Nummer 439302
Drugbank ID DB00107

Grundlagen

Oxytocin ist ein Hormon, das eine entscheidende Rolle in der Fortpflanzungsphysiologie, dem Sozialverhalten und der emotionalen Bindung spielt. Es wird im Hypothalamus gebildet und von der Hypophyse als Reaktion auf verschiedene Reize ausgeschüttet, unter anderem bei sexueller Aktivität oder bei der Geburt oder dem Stillen eines Kindes.

Indikationen und Anwendung

Oxytocin wird hauptsächlich in der Geburtshilfe und Gynäkologie eingesetzt, um Wehen einzuleiten oder zu verstärken, Wochenbettblutungen zu kontrollieren und das Stillen zu erleichtern. Zudem wird es zur Beschleunigung der Plazentablösung nach der Geburt eingesetzt. Das Hormon wird auch bei bestimmten diagnostischen Verfahren eingesetzt, z. B. beim Wehenbelastungstest, mit dem die Funktion der Plazenta beurteilt wird.

Oxytocin wurde als mögliches Mittel zur Behandlung verschiedener psychiatrischer Störungen untersucht, darunter Autismus-Spektrum-Störungen, Angstzustände und Depressionen. Es gibt jedoch noch keine Studien, die bei diesen Indikationen eine Wirksamkeit belegen.

Geschichte

Oxytocin wurde 1909 von Sir Henry H. Dale entdeckt. Es wurde festgestellt, dass es die Gebärmutter während der Geburt zusammenzieht und die Freisetzung der Muttermilch erleichtert. Vincent du Vigneaud identifizierte 1953 die Struktur von Oxytocin, was zur ersten Synthese eines Peptidhormons führte und ihm den Nobelpreis für Chemie einbrachte.

Pharmakologie

Physiologie und Pharmakodynamik

Oxytocin spielt eine wichtige Rolle bei den Wehen und der Geburt. Das Hormon wird im Hypothalamus produziert und vom paraventrikulären Kern an die hintere Hypophyse abgegeben, wo es gespeichert wird. Während der Geburt wird es dann in Schüben freigesetzt, um die Uteruskontraktionen auszulösen.

Oxytocin bindet an Oxytocin-Rezeptoren (OXTR) im Uterusmyometrium, wodurch die G-Protein-gekoppelte Rezeptor-Signaltransduktionskaskade ausgelöst wird, die zu erhöhten intrazellulären Calciumkonzentrationen führt. Erhöhte Calciumkonzentrationen aktivieren die Myosin-Leichtkettenkinase, die wiederum die Bildung des kontraktilen Proteins Aktomyosin induziert. Dies stimuliert die Kontraktionen der glatten Muskulatur der Gebärmutter. Der Stoff stimuliert auch die glatte Muskulatur in den Brustdrüsen und führt so zur Laktation. Die Dichte von Oxytocinrezeptoren auf dem Myometrium (Muskelschicht der Gebärmutterwand) nimmt während der Schwangerschaft deutlich zu und erreicht in den frühen Wehen einen Höhepunkt, wodurch der Effekt von Oxytocin in dieser Zeit besonders stark ausfällt.

Oxytocin ist eines der wenigen Hormone im Körper, das durch positive Rückkopplung und nicht durch negative Rückkopplung reguliert wird. Wird beispielsweise durch den Kopf des Fötus Druck auf den Gebärmutterhals ausgeübt, signalisiert das die Freisetzung von mehr Oxytocin aus dem Hypophysenhinterlappen. Das vermehrt ausgeschüttete Oxytocin wandert dann zum Uterus, wo es die Uteruskontraktionen stimuliert und weiter verstärkt. Die ausgelösten Uteruskontraktionen stimulieren dann wiederum die Freisetzung zunehmender Mengen von Oxytocin. Diese positive Rückkopplungsschleife setzt sich bis zur Geburt des Kindes fort.

Da exogen verabreichtes und endogen ausgeschüttetes Oxytocin die gleichen Wirkungen auf das weibliche Reproduktionssystem haben, kann synthetisches Oxytocin in bestimmten Fällen während der Geburtsvorbereitung und nach der Geburt eingesetzt werden, um Uteruskontraktionen auszulösen oder zu verbessern

Pharmakokinetik

Oxytocin wird als intravenöse Infusion oder intramuskuläre Injektion verabreicht. Die Wirkung tritt schnell ein, in der Regel innerhalb weniger Minuten. Die Dauer der Wirkung hängt von der Dosis und der individuellen Reaktion ab. Oxytocin wird in der Leber abgebaut und über den Urin ausgeschieden. Das Enzym Oxytocinase ist maßgeblich für den Stoffwechsel und die Regulation des Oxytocinspiegels während der Schwangerschaft verantwortlich.

Wechselwirkungen

Es sind keine Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln bekannt.

Toxizität

Kontraindikationen

In einigen Situationen ist die Anwendung von Oxytocin kontraindiziert. Dazu gehören:

  • Allergien gegen den Wirkstoff
  • Schwangerschaftshypertonie (Präeklampsie)
  • Neigung zur Dauerkontraktion des Uterus (Tetanus Uteri)
  • Bei hypertoner Wehentätigkeit
  • Bei drohender Uterusruptur
  • Bei Vorhandensein von zu viel Fruchtwasser
  • Fehllage der Plazenta
  • Vorzeitiger Plazentaablösung
  • Bei einer vorverlagerten Plazenta
  • Bei unreifem Gebärmutterhals
  • Bei drohendem akutem Sauerstoffmangel des Kindes
  • Bei plazentarer Mangelversorgung
  • Bei Lageanomalien
  • Bei einem mechanischen Geburtshindernis wie Kopf/Becken-Missverhältnis
  • Bei Nabelschnurverschlingung

Nebenwirkungen

Oxytocin kann potenziell schwere Nebenwirkungen bei der Mutter verursachen. Zum Beispiel:

  • Drastische Veränderungen der Herzfrequenz (Tachykardie, Bradykardie)
  • übermäßige Blutungen lange nach der Entbindung
  • starke Kopfschmerzen
  • verschwommenes Sehen
  • Klopfen im Nacken oder in den Ohren
  • Verwirrtheit
  • starke Schwäche
  • Schwankungsanfälligkeit

Oxytocin kann beim Neugeborenen schwerwiegende oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen, darunter:

  • Langsamer Herzschlag oder andere abnormale Herzfrequenzen;
  • Gelbsucht
  • Krampfanfälle
  • Augenprobleme
  • Probleme mit der Atmung, dem Muskeltonus und andere Anzeichen von Gesundheitsproblemen

Häufige Nebenwirkungen von Oxytocin können sein:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Stärkere oder häufigere Wehen (dies ist eine gewünschte Wirkung von Oxytocin).

Schwangerschaft

Aufgrund der umfangreichen klinischen Erfahrungen und der chemischen Struktur und pharmakologischen Eigenschaften dieses Arzneimittels ist bei bestimmungsgemäßem Gebrauch kein Risiko für fötale Missbildungen zu erwarten.

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Markus Falkenstätter, BSc

Markus Falkenstätter, BSc
Autor

Markus Falkenstätter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der Universität Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

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