Durchfall (Diarrhö)

Durchfall (Diarrhö)
Internationale Klassifikation (ICD) A00.-
Symptome Bauchschmerzen, ungeformter Stuhlgang, Fieber, Übelkeit
Mögliche Ursachen Antibiotika, Laktoseintoleranz, Darminfektion, gesteigerte Darmtätigkeit, überdurchschnittliche Flüssigkeit im Darm, Viren, Bakterien und Pilze
Mögliche Risikofaktoren Nahrungsmittelaufnahme in fremden Regionen, Hygienemangel, Reizdarm-Syndrom

Grundlagen

Diarrhö (Durchfall) ist ein Symptom, von dem man spricht, sobald eines der folgenden Kriterien zutrifft:

  • ungeformter Stuhlgang häufiger als 3-mal am Tag

  • veränderte, flüssige Stuhlkonsistenz mit einem Wassergehalt von >75 % 

  • große Stuhlmenge (> 200 g/d) 

Kurzzeitige Diarrhö über wenige Tage ist häufig und für gesunde Erwachsene ungefährlich. Ein Drittel der Bevölkerung  ist einmal im Jahr von Durchfall betroffen.

Einteilung

Eine Diarrhö kann nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden.

1. Verlauf

Akute Diarrhö - Dauer bis 14 Tage

Chronische Diarrhö - Dauer länger als 14 Tage

2. Pathomechanismus

Den menschlichen Dünndarm passieren täglich etwa  9 Liter Flüssigkeit, wobei nur ein kleiner Teil aktiv durch die Nahrung aufgenommen wird und der Großteil durch das Verdauungssystem abgegeben  wird. Im Normalfall wird die Flüssigkeit im Dickdarm resorbiert. Durchfall bedeutet einen vermehrten Wasseranteil im Stuhl, welcher zu einer flüssigen Konsistenz führt. Dies kann durch verschiedene Mechanismen verursacht werden. 

Malabsorptive/Osmotische Diarrhö: Nahrungspartikel oder andere Stoffe halten durch osmotischen Druck Wasser im Darminneren.

Sekretorische Diarrhö: Hierbei fördert die Darmschleimhaut aktiv Wasser in den Darm.

Exsudativ-entzündliche Diarrhö:  Eine Entzündung der Darmwand bewirkt eine Ausschüttung von osmotisch wirksamen Stoffen in das Darmlumen.

Hypermotile Diarrhö: Durch eine Fehlfunktion des vegetativen Nervensystems wird der Darm überdurchschnittlich schnell entleert, bevor das im Stuhl enthaltene Wasser aufgenommen werden kann. 

3. Ursache

Akute Diarrhö

  • Akute Infektionen

    Bakterien: E. coli, Salmonellen, Shigellen, Yersinien, Campylobacter, Vibrio cholerae
    Viren: Rotaviren, Noroviren, Adenoviren, Sapoviren, Astroviren
    Parasiten: Entamoeba histolytica (Amöbenruhr), Giardia lamblia/intestinalis, Kryptosporidien
    Pilzen: Candida spp., Aspergillus

  • Lebensmittelvergiftung durch Bakterientoxine (Staphylokokken, Clostridien, Bacillus cereus)

  • Antibiotika: durch die Antibiotikatherapie selbst oder durch die folgenden Verschiebungen in der Bakterienbesiedlung im Darm.

  • Medikamente: Metformin, Abführmittel, Kontrastmittel, Sartane.

Chronische Diarrhö

  • Reizdarm-Syndrom

  • Chronische Darmentzündung (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)

  • Chronische Darminfektion (Parasiten, M. Whipple)

  • langanhaltender Medikamentenmissbrauch (Abführmittel)

  • Nahrungsmittel-Unverträglichkeit: Laktoseintoleranz, Fruktoseintoleranz

  • Zöliakie

  • Reizdarmsyndrom

  • Stoffwechselerkrankungen

  • Vergiftungen

  • Tumore

  • Operationen

  • Sport

Symptome

Bei einer Diarrhö kann der Stuhl wässrig, breiartig, fettig oder blutig sein. Hinzu können Blähungen, Bauchschmerzen, Appetitverlust und Übelkeit sowie Erbrechen kommen.

Ein Arzt sollte konsultiert werden, sobald sie eine der folgenden Beschwerden aufweisen:

  • Flüssigkeit kann nicht ausreichend aufgenommen werden

  • Zeichen eine Dehydrierung (wenig und dunkler Urin, Kraftlosigkeit, trockene Lippen und Schleimhäute)

  • Fieber

  • blutiger Stuhl oder Fettstuhl

  • Symptombeginn nach einem Auslandsaufenthalt

  • Diarrhö länger als 3 Tage

Diagnose

Oft ist ein einfacher Erfragen der Krankheitsgeschichte (Anamnese) ausreichend, um die Diagnose zu stellen. Hierbei sind das Aussehen des Stuhls und Begleitumstände, auslösende Faktoren, Medikamente und rezente Auslandsaufenthalte von Bedeutung. 

Bei länger andauernden Symptomen oder besonderen Faktoren können weitere Untersuchungen aufschlussreich sein. 

  • Stuhluntersuchung
    Nachweis von Blut oder Fett
    Nachweis von Erreger oder Toxinen

  • Blutuntersuchung 
    Entzündungszeichen, Elektrolyte, Antikörper gegen Erreger

In spezielle Fällen können weitere Untersuchungen notwendig sein: 

  • Magenspiegelung (Gastroskopie) oder Darmspiegelung (Koloskopie) mit Biopsie 

  • Ultraschall des Bauches

  • Computertomographie des Bauches

Funktionstests

Fastentest

Im Rahmen von Durchfallerkrankungen kann eine Nahrungsverzicht als diagnostisches Mittel eingesetzt werden und beispielsweise Hinweis auf eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse liefern. Solch ein Verzicht aus diagnostischen bzw. therapeutischen Gründen wird auch als Nahrungskarenz bezeichnet. 

Wasserstoff-Atemtest

Mithilfe eines Wasserstoff-Atemtests (H2-Test) können verschiedene Nahrungsmittelintoleranzen, beispielsweise gegen Laktose oder Fruktose diagnostiziert werden. Bei  diesem Test wird nach einer Nahrungskarenz eine genau definierte Testlösung eingenommen und anschließend die Ausatemluft auf Wasserstoff analysiert. Werden Laktose oder Fruktose nicht vollständig im Dünndarm aufgenommen, gelangen sie in den Dickdarm und werden dort durch Bakterien abgebaut. Dabei entsteht Wasserstoff, welcher durch das Blut in die Lunge gelangt und abgeatmet wird. 

Therapie

In den meisten Fällen sind akute virale Infektionen für eine akute Diarrhö verantwortlich. Diese heilen in der Regel von alleine innerhalb weniger Tage aus und führen selten zu Komplikationen. Aus diesem Grund wird zu Zurückhaltung bei der weiteren Diagnostik und  einer symptomatischen Therapie geraten. Die wichtigste Maßnahme ist eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytaufnahme. 

Symptomatische Therapie: 

  • Sicherstellung der Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr
    Hausmittel
    Elektrolytpulver für gefährdete Gruppen wie Schwangere, Kinder und ältere Personen
    Intravenöse Infusionen bei schweren Fällen

  • Motilitätshemmer (Loperamid) sollten nur in Ausnahmefällen angewendet werden, da der Erreger dadurch länger im Darm verweilt

  • krampflösende Arzneien (Butylscopolamin)

Kausale Therapie: 

  • Antibiotika sind nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Geeignete Präparate werden nach einer Stuhluntersuchung und Nachweis des Erregers verordnet. Eine ungezielte Therapie ist in Notfällen wie massive, blutige Durchfälle, hohem Fieber oder schwere Verläufe bei Säuglingen oder Älteren indiziert. 

  • Bei Lebensmittelunverträglichkeiten sind entsprechende Nahrungsmittel zu meiden.

  • Weglassen auslösender Medikamente

  • Therapie der Grunderkrankung (Chronische entzündliche Darmerkrankungen,  Stoffwechselerkrankungen, Tumore)

Selbsthilfe

Bei leichtem bis mittlerem Durchfall kann mit viel Flüssigkeit (3-4 l/d) dem Flüssigkeitsverlust entgegengewirkt werden. Zucker, Salz und Kalium sind in entsprechenden Mengen notwendig, um einen Verlust auszugleichen. Ideal für den  Flüssigkeit- und Elektrolytausgleich sind Trinklösungen. Diese sind einfach selbst herzustellen oder auch in der Apotheke erhältlich. 

Cola und ähnliche Softdrinks in Kombination mit Salzstangen eignen sich nicht zur Behandlung. Sie enthalten zu viel Zucker und keine geeignete Elektrolytzusammensetzung..  

Kinder unter andere vulnerable Gruppen wie Ältere oder Schwangere sollten nicht mit Hausmitteln, sondern mit speziellen Elektrolytlösungen versorgt werden.

Bei Erwachsenen kann folgendes helfen:

  • Selbstgemachte Trinklösung für zuhause
    ½ Liter Mineralwasser
    ½ Liter Orangensaft
    8 TL Zucker
    ¾ TL Salz

  • Elektrolytlösungen aus der Apotheke

  • Hausmittel wie klare, gesalzene Suppen, Karotten-, Apfel- oder Bananenbrei, Morosche Karottensuppe 

  • Milchprodukte nur eingeschränkt konsumieren

  • Essen Sie normal, sobald Sie wieder Appetit haben.

Achtung: Bei starken Durchfällen sollte stets ein Arzt aufgesucht werden!

Prognose

Akute Diarrhö legt sich in den meisten Fällen innerhalb einer Woche. Die genaue Dauer ist individuell unterschiedlich. Dauert der Durchfall länger als drei Tage an, sollte ein Arzt für die weitere Abklärung kontaktiert werden.

Die Prognose bei chronischer Diarrhö hängt von der jeweiligen Grunderkrankung ab. Langanhaltende Durchfälle und der resultierende Flüssigkeitsverlust können zu Komplikationen führen. Besondere Risikogruppen sind Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, Ältere und unterernährte Menschen.

Vorbeugen

Hygiene

Da Durchfall häufig die Folge von Infektionen mit Viren oder Bakterien ist, stellt Hygiene – besonders regelmäßiges Händewaschen – die wichtigste Vorbeugemaßnahme dar.

  • Lebensmittel, die für Salmonellen anfällig sind, sollten separat und unter 10 °C gelagert werden. Dazu zählen Geflügel, Wild, Fisch, Ei und Meeresfrüchte. 

  • Fisch und Fleisch sollten stets gut durchgegart werden. 

  • Gerichte, welche rohes Ei enthalten, sollten unmittelbar verzehrt werden.

Impfungen

Gegen einige Erreger besteht die Möglichkeit einer Impfung. Hierbei ist besonders die Rotavirus-Impfung hervorzuheben. Diese ist in Österreich und Deutschland ab der 6. Lebenswoche empfohlen. Impfungen gegen Typhus und Cholera sind im Rahmen von Auslandsreisen für bestimmte Gebiete empfohlen. 

Reisen

Wenn Sie in fremde Regionen reisen, sollten Sie stets darauf achten, dass Ihre Nahrung geschält oder gegart ist. Der Grundsatz der WHO für tropische Reisegebiete lautet: "peel it, boil it, cook it or forget it!" (deutsch. "Schäle es, koche es, brate es oder vergiss es!“). 

Außerdem können folgende Vorsichtsmaßnahmen hilfreich sein:

  • Rechtzeitige Reiseimpfungen (z.B. Typhus)

  • gründliches Händewaschen vor dem Essen

  • Trinkwasser desinfizieren (z.B. abkochen)

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Danilo Glisic

Danilo Glisic
Autor

Als Biologie- und Mathematikstudent verfasst er leidenschaftlich Magazinartikel zu aktuellen medizinischen Themen. Aufgrund seiner Affinität zu Zahlen, Daten und Fakten, liegt sein Fokus dabei auf der Beschreibung von relevanten klinischen Studienergebnissen.

Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc

Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc
Lektor

Bernhard Peuker ist Lektor sowie Medical Advisor bei Medikamio und arbeitet als Arzt in Wien. Bei der Arbeit lässt er sein klinisches Wissen, praktischen Erfahrungen und wissenschaftliche Leidenschaft einfließen.

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