Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

Müdigkeit (Fatigue)
Antriebslosigkeit
Abgeschlagenheit
Verminderte körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit
depressive Verstimmungen
Gewichtszunahme
Kälteempfindlichkeit
Zyklusunregelmäßigkeiten
Verstopfung
kühle/trockene/teigige Haut
Störungen des Nagelwachstums
Haarverlust
Vergrößerung der Schilddrüse (Kropf bzw. Struma)
Autoimmunerkrankung
Medikamenteneinnahme
Operationen
Mangel an Spurenelementen
Störung der hormonellen Regelkreise
angeborene Fehlbildung

Grundlagen

Bei einer Schilddrüsenunterfunktion besteht ein Mangel an den Schilddrüsenhormonen Trijodthyronin und Thyroxin im Körper.

Grafische Darstellung des Kropfs Kropf (Struma) bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Servier Medical Art by Servier / Creative Commons Attribution 3.0 unported license)

Aus verschiedenen Gründen kommt es zu einer verminderten oder gänzlich eingeschränkten Hormonproduktion der Schilddrüse und folgenden Mangel an Schilddrüsenhormonen, die der Körper zur Aufrechterhaltung seiner Stoffwechselprozesse benötigt. Ein häufiges Merkmal ist eine sichtbar vergrößerte Schilddrüse (Kropf bzw. Struma genannt). Folge einer Schilddrüsenunterfunktion sind Einschränkungen des Stoffwechsels und Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Eine Hypothyreose im Säuglings- und Kindesalter kann zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen führen.

Ursachen

Meist liegt eine erworbene primäre Schilddrüsenunterfunktion, bei der die Schilddrüsenfunktion zum Zeitpunkt der Geburt normal ist und sich die Beschwerden erst im Laufe des Lebens ausbilden. Primär bedeutet, dass die Hormonproduktion direkt in der Schilddrüse gestört ist. Mögliche Ursachen dafür sind:

Hashimoto-Thyreoiditis

Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Im Rahmen dieser Autoimmunerkrankung kommt es aus noch unbekannten Gründen zur Bildung von Autoantikörper gegen Bestandteile der Schilddrüsenzellen. Die ausgelöste chronische Entzündung führt zu einer Schädigung der Schilddrüse mit Abnahme der Hormonproduktion.

Medizinisch ausgelöst (iatrogen)

In einigen Fällen besteht die Schilddrüsenunterfunktion aufgrund eines medizinischen Handelns. Dies kann beabsichtigt oder auch unbeabsichtigt sein. Beispiele hierfür sind Operationen, in denen die Schilddrüse ganz oder teilweise entfernt wurde. Auch die Einnahme von schilddrüsenhemmenden Medikamenten (Thyreostatika) oder die Nebenwirkung anderer Medikamente (u.A. Amiodaron) können für die Hypothyreose ursächlich sein.

Mangel an Spurenelementen

Ein ausgeprägter Mangel an Jod oder Selen kann zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen.

Sekundäre bzw. tertiäre Hypothyreose

In seltenen Fällen ist eine Hypothyreose die Folge einer Problematik in den vorgeschalteten hormonellen Regelungskreisen in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) oder im Gehirn (Hypothalamus). Hierbei spricht man von einer sekundären bzw. tertiären Hypothyreose.

Angeborene Schilddrüsenunterfunktion

Selten ist auch eine angeborene Form, bei der beispielsweise eine fehlende oder nur teilweise angelegte Schilddrüse oder Rezeptordefekte für die Hypothyreose verantwortlich sind.

Univ. Doz. Dr. Georg Zettinig im Interview zu Hashimoto-Thyreoiditis

Alles über Hashimoto

Unser Experte Univ. Doz. Dr. Georg Zettnig von der Schildrüsenpraxis Josefstadt im Interview:

  • Was ist Hashimoto?
  • Welche Verlaufsformen gibt es?
  • Welche Symptome sind charakteristisch

Symptome

Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen wirkt sich auf die meisten Organe des menschlichen Körpers aus. Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion fühlen sich meist kraftlos und müde. Die Schilddrüse versucht die verminderte Hormonproduktion mit vermehrtem Wachstum wieder auszugleichen, weshalb bei Menschen mit Hypothyreose oft eine Schilddrüsenvergrößerung (Kropf, Struma) festgestellt wird.

Folgende Krankheitszeichen sind hinweisend für eine Hypothyreose:

  • Müdigkeit (Fatigue) und Schwäche
  • Antriebslosigkeit
  • Abgeschlagenheit
  • Verminderte körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit
  • Depressive Verstimmungen, Traurigkeit
  • Gewichtszunahme (teils trotz veränderter Ernährungsgewohnheiten)
  • Übermäßige Kälteempfindlichkeit
  • Zyklusunregelmäßigkeiten und in weiterer Folge möglicherweise herabgesetzte Fruchtbarkeit
  • Verstopfung (Obstipation)
  • Kühle, trockene und/oder teigige Haut
  • Störungen des Nagelwachstums
  • Haarausfall (Effluvium)

Vor allem bei älteren Patienten ist die Symptomatik oft unspezifisch und die Diagnose einer Hypothyreose erschwert.

Neugeborene mit einer Hypothyreose werden oft durch ein reduziertes Trinkverhalten, Verdauungsstörrungen und geringere Bewegungsaktivität auffällig. Eine Schilddrüsenunterfunktion wirkt sich bei Kindern negativ auf die Entwicklung und das Wachstum aus, weshalb Kinder mit Hypothyreose eine verzögerte geistige und körperliche Entwicklung zeigen können.

Diagnose

Um eine Schilddrüsenerkrankung bzw. -funktionsstörung zu diagnostizieren, werden nach einem ausführlichen Gespräch inklusive Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) die Schilddrüsenfunktion (Über-, Unter- oder Normalfunktion) via Blutuntersuchung bestimmt und die Schilddrüsenstruktur (Morphologie) mittels Ultraschalls untersucht. Diese beiden Parameter korrelieren nicht zwingend und müssen immer in Kombination betrachtet werden, um schlussendlich zu einer Diagnose und in weiterer Folge adäquaten Therapie zu kommen.

Untersuchung der Schilddrüsenfunktion

Die gesunde Funktion der Schilddrüse basiert auf folgendem Mechanismus: Die Schilddrüse schüttet die für den Stoffwechsel essenziellen freien Schilddrüsenhormone Thyroxin (fT4) und eine geringe Menge an Triiodthyronin (fT3) aus, wobei fT3 auch außerhalb der Schilddrüse in verschiedensten Organen aus fT4 umgewandelt und dem Körper bereitgestellt wird.

Hormone der Schilddrüse T3 und T4 Hormone der Schilddrüse T3 und T4 (Dr_Microbe / iStock)

Der Spiegel von fT4 und fT3 im Blut wird wiederum durch die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) im Gehirn reguliert, die TSH produziert. TSH gilt als empfindlichster Parameter im Hinblick auf eine mögliche Schilddrüsenfunktionsstörung: Ein steigender TSH-Wert ist das erste Anzeichen einer Schilddrüsenunterfunktion; ein sinkender TSH-Wert hingegen das erste Anzeichen einer Schilddrüsenüberfunktion. Die Hirnanhangsdrüse übernimmt dabei eine ähnliche Funktion wie der Thermostat einer Heizung: Sie erkennt bereits feinste Abweichungen der Schilddrüsenhormone fT4 und fT3 und passt die Ausschüttung von TSH dementsprechend an. Ist der Schilddrüsenhormon-Spiegel im Blut zu niedrig, schüttet die Hirnanhangdrüse größere Mengen an TSH aus; ist der Schilddrüsenhormonspiegel im Blut zu hoch, sorgt die Hirnanhangdrüse für einen Abfall des TSH. Kontinuierlich hohe TSH-Werte liefern dem Arzt demnach Hinweise auf eine Schilddrüsenunterfunktion.

Die Untersuchung der Schilddrüsenfunktion erfolgt mittels Blutabnahme. Bei dieser können außerdem Antikörper, die sich gegen die Schilddrüse richten, untersucht werden. 

Babys werden nach der Geburt routinemäßig beim Neugeborenen-Screening auf das Vorliegen einer Hypothyreose untersucht. Für diese Untersuchung werden dem Neugeborenen am dritten Tag nach der Geburt ein paar Blutstropfen aus dem Fuß entnommen und analysiert.

Untersuchung der Schilddrüsenstruktur (Morphologie)

Ultraschall

Auch die Struktur des Schilddrüsengewebes gibt Auskunft über die Funktion bzw. den Zustand der Schilddrüse. Mittels einer Ultraschalluntersuchung können Größe, Beschaffenheit und Vorliegen bzw. Grad einer entzündlichen Infiltration des Schilddrüsengewebes bestimmt werden. 

Schilddrüsenszintigrafie

Eine weitere Untersuchungs- und Diagnosemethode ist die Schilddrüsenszintigrafie. Bei dieser nuklearmedizinischen Untersuchung wird dem Patienten entweder intravenös oder oral ein leicht radioaktives Medikament verabreicht. Anschließend muss der Patient etwa 20 Minuten warten, sodass sich das Medikament – so wie natürlich vorkommendes Jod – in der Schilddrüse anreichern kann. Dadurch lässt sich der regionale Stoffwechsel der Schilddrüse mittels Gammakamera erfassen. Das leicht radioaktive Medikament ist ungefährlich; der Patient scheidet es innerhalb eines Tages wieder über den Harn aus. Die Schilddrüsenszintigrafie kommt bei der Schilddrüsenunterfunktion zur Ursachenforschung und Abgrenzung zu anderen Erkrankungen zum Einsatz.

Therapie

In den seltenen Fällen, in denen eine spezifische Ursache für eine Hypothyreose vorliegt, sollte diese, beispielsweise durch Absetzen ursächlicher Medikamente (Thyreostatika, Amiodaron) oder Ausgleich eines Jodmangels, behandelt werden.

Eine Hypothyreose kann normalerweise sehr gut mit einer Hormonersatztherapie behandelt werden. Behandlungsziel ist es, die Schilddrüsenunterfunktion mittels Schilddrüsenhormon in Form von Tabletten auszugleichen, sodass sich die dadurch bedingten Beschwerden zurückbilden. Das Schilddrüsenhormon, das die Schilddrüse eigenständig nicht mehr herstellen kann, wird demnach durch eine Hormontablette dauerhaft ersetzt (Hormonsubstitution). Die tägliche Einnahme von Schilddrüsenhormontabletten ist für Patienten mit Schilddrüsenunterfunktion meist lebenslang notwendig. Regelmäßige Kontrollen und gegebenenfalls Anpassungen der Medikamentendosis – vor allem in besonderen Lebensphasen wie bei Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit – sind überaus wichtig.

Die Behandlung wird mit einer niedrigen Dosierung begonnen und langsam gesteigert bis die angestrebte Wirkungsdosis erzielt ist.

Auch bei Neugeborenen und Kindern mit angeborener Hypothyreose ist eine rechtzeitige Behandlung mit Schilddrüsenhormonen wichtig, um mögliche Entwicklungsstörrungen zu verhindern und eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen.

Prognose

Eine Hypothyreose hat in den meisten Fällen eine gute Prognose, da sie mit Hormonpräparaten suffizient behandelt werden kann. Bestehende Symptome wie Müdigkeit und Leistungsverminderung bilden sich unter einer Substitution meist zurück.

Neugeborene mit Hypothyreose haben, wenn die Krankheit frühzeitig erkannt und therapiert wird, gute Chancen auf eine normale Entwicklung. Wird die Hypothyreose jedoch zu spät erkannt, können Wachstums- und Entwicklungsstörungen nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Vorbeugen

In den meisten Fällen wird eine Hypothyreose durch eine Hashimoto-Thyreoidits verursacht, gegen deren Autoimmunreaktion keine vorbeugenden Maßnahmen bestehen.

Eine durch Jodmangel entstandene Hypothyreose kann durch eine ausreichende Jodaufnahme verhindert werden. Im deutschsprachigen Raum wird Jod herkömmlichen Speisesalz beigemengt, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.

Bei Hinweisen auf eine Hypothyreose sollte ärztlichen Vorstellung und Kontrolle erfolgen.

Quellen

  • Herold, G. (2023). Innere Medizin. Gerd Herold Verlag. Köln.
Olivia Malvani, BSc

Olivia Malvani, BSc

Autor

Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc

Dr. med. univ. Bernhard Peuker, MSc

Lektor


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