Pegfilgrastim

Pegfilgrastim

Grundlagen

Pegfilgrastim ist ein biotechnologisch-hergestelltes Protein aus dem Bakterium Escherichia Coli und wird im Rahmen einer Krebserkrankung bei Patienten eingesetzt, die mit einer Chemotherapie behandelt werden. Im Rahmen dieser Therapiemöglichkeit, die mittlerweile den Patienten zu guten Überlebenschancen verhilft, werden jedoch nicht nur die sich schnell teilenden Tumorzellen, sondern auch gesunde Zellen im Gewebe angegriffen, wie beispielsweise die Blutzellen. Dadurch kommt es bei zahlreichen Patienten zu Blutbildveränderungen und sie entwickeln im Laufe der Chemotherapie eine Neutropenie, ein Mangel an neutrophilen Blutkörperchen, die als Teil der angeborenen Immunabwehr der Elimination von Krankheitserregern wie z.B. Bakterien und Viren dienen. Das Risiko für Infektionen ist durch solch einem Mangel deutlich erhöht. Eine mögliche Folge ist dann das Auftreten des neutropenischen Fiebers, das tödlich enden kann. 

Das Pegfilgrastim leitet sich vom Filgrastim ab, ein ebenso biotechnologisch-hergestelltes Protein. Beide ahmen den G-CSF, den körpereigenen Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktoren nach. Diese sind körpereigene Peptidhormone, die z.B. bei Entzündungen ausgeschüttet werden, um die Bildung der weißen Blutkörperchen für die Abwehr anzuregen. Als Zytokine stimulieren sie die Reifung und Differenzierung neutrophiler Granulozyten sowie deren Freisetzung aus dem Knochenmark in das Blut und verbessern außerdem ihre Funktion. 

Anwendungen und Indikationen 

Pegfilgrastim wird als Injektionslösung (Neulasta®) als Ersatz für G-CSF im Körper verabreicht, da diese im Rahmen einer Chemotherapie sehr empfindlich sind und schnell eliminiert werden. Dabei unterstützt Pegfilgrastim als Wirkstoff die Neubildung neutrophiler Granulozyten im Knochenmark.  

Neulasta® kann entweder von medizinischem Personal oder selbst gespritzt werden, dabei gilt aber vorherige Absprache mit dem Arzt sowie seine Anweisungen zu befolgen. Sie wird einmal subkutan (unter die Haut) frühestens 24 Stunden nach der letzten Dosis der Chemotherapie verabreicht. Die übliche Dosis beträgt 6mg in einer Fertigspritze. 

Diese Anwendung gilt für Erwachsene, die mindestens 18 Jahre alt sind.   

Pegfilgrastim ist auch unter den Handelsnamen Pelmeg®, Pelgraz® und Ziextenzo® als 6mg Injektionslösung in Form einer Fertigspritze verfügbar.

Geschichte

Der Wirkstoff Pegfilgrastim ist ein Analogon aus dem davor schon zugelassenen Filgrastim und wurde hergestellt, um eine länger wirksame Variante darzustellen. Filgrastim ist mit einer geringen Halbwertszeit kürzer wirksam, was eine häufigere Verabreichung des Arzneimittels zur Folge hatte. Durch kovalente Bindung eines PEG (Polyethylenglykol)-Anteils an den N-Terminus des Filgrastim wurde so eine länger wirksame Form entwickelt. Daher setzt sich der Name Pegfilgrastim aus PEG und Filgrastim zusammen. Pegfilgrastim hat die gleiche pharmakologische Wirkung wie Filgrastim und unterscheidet sich nur durch eine längere Halbwertszeit sowie einer langsameren Eliminationsrate, wodurch er länger wirkt. 

Der Wirkstoff wurde 2002 von der FDA zugelassen. 

Wirkung

Pharmakodynamik/Wirkmechanismus

Filgrastim wirkt als G-CSF durch Bindung an den dazugehörigen G-CSF-Rezeptor. Anschließend findet eine Konformationsänderung des Rezeptors statt, wodurch intrazelluläre Signaltransduktionen eingeleitet werden, die Prozesse wie Proliferation und Reifung der Zellen bewirken. Diese Rezeptoren befinden sich u.a. auf den Granulozyten, zu denen die neutrophilen Granulozyten zählen. Auf diese Weise kann binnen kurzer Zeit auf Pathogene reagiert werden. 

Nach Bindung des Pegfilgrastim an den GCR-Rezeptor wird innerhalb von 24 Stunden ein deutlicher Anstieg der Anzahl der neutrophilen Granulozyten im Blut verzeichnet, wodurch die Funktion des Immunsystems trotz Chemotherapie aufrecht erhalten bleibt.  

Pharmakokinetik

Aufgrund der zusätzlichen PEG-Gruppe im Pegfilgrastim wird der Wirkstoff verglichen mit Filgrastim nicht nach ca. 6-8 Stunden abgebaut und renal eliminiert, sondern sobald es an den G-CSF-Rezeptor auf den Zielzellen, den Neutrophilen, gebunden hat durch Endozytose (Aufnahme in die Zelle) innerhalb der Zelle abgebaut. Durch diesen Mechanismus verlängert sich die Plasmahalbwertszeit auf bis zu 80 Stunden. Damit schafft man mit nur einer Gabe des Arzneimittels eine Prophylaxe gegen einer möglichen Neutropenie. Verglichen damit musste Filgrastim täglich verabreicht werden, bis die gewünschten Werte an Neutrophilen im Blut erreicht wurde. Dies konnte einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen einnehmen. 

Mit Pegfilgrastim muss somit nicht mehr täglich injiziert sowie Blutbildkontrollen durchgeführt werden. 

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Anwendung von Neulasta® mit Pegfilgrastim als Wirkstoff und 5-Fluorouracil (5-FU), einem Zytostatikum, sowie anderen Antimetaboliten kann es zu einer gesteigerten Myelosuppression (Ausfall der Blutbildung im Knochenmark) kommen. 

Ansonsten ergaben klinische Studien keine Hinweise auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln, da diese nicht gezielt in klinischen Studien untersucht wurden.

Toxizität

Kontraindikationen & Vorsichtsmaßnahmen 

Das Arzneimittel darf bei einer Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen Pegfilgrastim und Filgrastim oder den restlichen Bestandteilen des Arzneimittels nicht eingenommen werden! 

Bei Patienten mit einer Sichelzellenkrankheit wurde nachgewiesen, dass das Verabreichen von Pegfilgrastim zu einer Sichelzellkrise führt. Daher ist bei der Anwendung eine Überwachung der Laborwerte sowie geeigneter klinischer Parameter erforderlich. 

Nebenwirkungen 

Symptome, die sich sehr schnell entwickeln können und auf das sogenannte „Kapillarlecksyndrom“ zurückzuführen sind: 

  • Schwellung/Aufquellung
  • Atembeschwerden
  • Schwellung im Bereich des Bauchraumes und Völlegefühl
  • Allgemeine Müdigkeit

Die Nebenwirkungen von Neulasta® mit Pegfilgrastim als wirkende Komponente lassen sich je nach Häufigkeit recht gut einteilen und werden im Folgenden aufgeführt. 

Zu den sehr häufigen Nebenwirkungen, die auftreten können, zählen Knochenschmerzen, Übelkeit und Kopfschmerzen.

Häufige Nebenwirkungen, die auftreten können, sind: 

  • Hautausschlag in Form von juckenden, rötlichen, erhabenen Pusteln
  • Schmerzen an der Einstichstelle
  • Rötungen, Blutungen, blaue Flecken, Schmerzen und Unwohlsein an der Einstichstelle
  • Gelenk- und Muskelschmerzen
  • Blutbildveränderungen

Gelegentliche Nebenwirkungen, die u.a. auftreten können, sind: 

  • Symptome einer allergischen Reaktion wie Hautrötung, Hautausschlag, juckende Hautpartien
  • schwerwiegende allergische Reaktionen bis hin zur Anaphylaxie (Schwäche, Blutdruckabfall, Atembeschwerden, Anschwellen des Gesichtes)
  • Milzvergrößerungen, Milzrupturen
  • Atembeschwerden
  • Sweet-Syndrom, bei dem es zu pflaumenfarbenen, geschwollenen, schmerzenden Läsionen an den Gliedmaßen und manchmal auch am Gesicht/Nacken begleitend von Fieber kommen kann
  • Abhusten von Blut (Hämoptyse)

Seltene Nebenwirkungen, die auftreten können, sind: 

  • Entzündung der Aorta (Hauptschlagader)
  • Lungenblutungen (Lungenhämorrhagie)
  • Stevens-Johnson-Snydrom, bei dem rötliche, zielscheibenähnliche oder kreisrunde Flecken am Rumpf auftreten können mit in der Mitte gelegenen Blasen, sowie ein Ablösen der Haut, Geschwüre an Mund/ Rachen/ Nase/ Genitalien/ Augen
    Auch können grippeähnliche Symptome wie Fieber damit einhergehen.

Schwangerschaft und Stillzeit 

Bei Schwangeren liegen derzeit keine bzw. nur sehr begrenzte Erfahrungen mit der Anwendung von Pegfilgrastim vor. Daher wird empfohlen auf die Einnahme von Arzneimitteln mit Pegfilgrastim während der Schwangerschaft zu verzichten. 

Gleiches gilt für stillende Mütter, da nicht nachgewiesen ist, ob Pegfilgrastim/ Metabolite in die Muttermilch übergehen können und somit ein Risiko für das Kind besteht. 

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code L03AA13
Summenformel C845H1343N223O243S9
Molare Masse (g·mol−1) 39.000 g mol −1
CAS-Nummer 208265-92-3
Drugbank ID DB00019

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Susann Osmen

Susann Osmen
Autor

Susann Osmen studiert Pharmazie an der Universität Wien und verfasst im Redaktionsteam von medikamio als Autorin durch präzises Recherchieren sowie ihrem Fachwissen ausführliche Texte zu den Wirkstoffen, den aktiven Bestandteilen einer Arzneiformulierung. Ihre Wirkweise im Körper hat sie immer schon fasziniert, wodurch sie sich mit großem Interesse und hohem Engagement dafür einsetzt.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der Universität Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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