Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)

Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)

Grundlagen

Δ9-Tetrahydrocannabinol zählt zu den Cannabinoiden, den Inhaltsstoffen der Cannabis sativa (Hanfpflanze). THC wird aufgrund seiner berauschenden Wirkung oft als Rauschmittel missbraucht, insbesondere in Form von Marihuana oder Haschisch.  

THC liegt in der Pflanze natürlich als Säure vor und muss durch Erhitzung in die aktive Form (THC) übergeführt werden. Daher wird THC oft durch Rauchen in das System eingeführt, da das den schnellsten Weg darstellt, die Wirkung des Stoffes zu entfalten. THC ähnelt dem körpereigenen Anandamid, welches ein Endocannabinoid im Körper darstellt. Endocannabinoide werden vom Körper selbst produziert und gelten daher als endogene Cannabinoide. Für diese gibt es bestimmte Rezeptoren im Körper, an denen sie im Endocannabinoidsystem andocken und ihre Effekte auslösen. 

Δ9-Tetrahydrocannabinol ist pharmakologisch unter Dronabinol bekannt, einem teil-synthetischen Derivat, welches ein großes therapeutisches Potential darstellt. Es wird vorwiegend in Form von Lösungen oder Kapseln verarbeitet und wird eingesetzt zur Behandlung von Schmerzen oder bei starker Übelkeit sowie Appetitlosigkeit im Rahmen einer Chemotherapie. So fungiert THC für Menschen mit schweren Erkrankungen als Mittel der Linderung. Weitere Wirkungen des Dronabinols werden noch untersucht. 

Die Dronabinol-Zubereitungen werden in Apotheken meist magistral, also individuell angefertigt, auf Basis einer ärztlichen Verschreibung. In Deutschland sowie Österreich sind derzeit zwei Fertigarzneimittel am Markt zugelassen, nämlich das Mundspray Sativex® zur Linderung der bei Multipler Sklerose auftretenden Spastik sowie Canemes® zur Abschwächung der Übelkeit und Erbrechen bei krebskranken Menschen, die mittels Chemotherapie behandelt werden. 

THC ist aufgrund seiner starken Lipophilie (Fettlöslichkeit) nicht in Wasser löslich und tritt bei Raumtemperatur in Form einer hellgelben, öligen Flüssigkeit oder Harz auf. Zusätzlich ist THC empfindlich gegenüber Oxidation und Licht, weshalb die Herstellung von Arzneimittelzubereitungen schnell erfolgen sollte. 

Anwendungen und Indikationen  

Die Dronabinol-Tropfen machen den größten Teil der ärztlichen Verschreibungen aus und werden oral eingenommen, da der Wirkstoff sowohl von der Mundschleimhaut als auch von dem Verdauungstrakt gut aufgenommen wird. 

Da jeder Patient unterschiedlich auf den Wirkstoff reagiert, wird die Dosis individuell vom Arzt angepasst und kann im Verlauf der Therapie erneut angepasst werden. Dabei gilt es sich strikt an die Vorgaben des Arztes zu halten! 

Es wird empfohlen Dronabinol morgens und abends vor den Mahlzeiten einzunehmen. 

Die Dronabinol-Kapseln stellen eine Alternative zu den Tropfen dar.

Beim Fertigarzneimittel Canemes® handelt es sich um ein synthetisches Cannabinoid mit dem Wirkstoff Nabilon. 

Sativex® ist das erste und einzige Fertigarzneimittel, das auf Cannabinoiden basiert und THC sowie CBD (Cannabidiol; ebenfalls ein Cannabinoid) enthält. 

Auch bei den Fertigarzneimitteln basiert die Anwendung streng nach ärztlicher Anweisung. 

Geschichte

THC wurde in den 1960er Jahren dank den israelischen Wissenschaftlern Yehiel Gaoni und Raphael Mechoulam identifiziert. Erst 20 Jahre später entdeckte Mechoulam mit seinem Team das Endocannabinoid-System des Menschen sowie das natürliche, endogene Cannabinoid Anandamid, welches THC strukturell ähnlich ist. Dies war der Anfang der Forschungen, die bis heute anhalten und fortgeführt werden.

Medikamente mit Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC)

Medikament Wirkstoff(e) Zulassungsinhaber
Sativex®, Spray zur Anwendung in der Mundhöhle Cannabinoide Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) Cannabidiol Almirall AG

Wirkung

Pharmakodynamik/ Wirkmechanismus 

Die Wirkweise von THC im Körper wird über das Endocannabinoid-System gesteuert, indem es vorwiegend an den CB1-Rezeptoren bindet, die überwiegend Effekte ausüben, die das Gehirn betreffen. Die CB2-Rezeptoren verteilen sich über den gesamten Körper, sind aber vorrangig in Bestandteilen des Immunsystems zu finden. 

Diese natürlichen Liganden dieser Rezeptoren sind körpereigene Stoffe, die sogenannten Anandamide, die aus der Arachidonsäure im Körper gebildet werden. Sie sind ebenso wie THC lipophil und wirken ähnlich wie THC im Körper u.a. bei der Schmerz- sowie Appetitregulierung. Ebenso lösen sie einen natürlichen „euphorischen“ Effekt im Körper aus und versuchen stets ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. 

Eine Beeinflussung dieses Endocannabinoid-Systems durch z.B. THC kann erhebliche Auswirkungen auf diese natürlichen Abläufe haben. 

Mit THC als Ligand an den CB1-Rezeptor können die davon ausgehenden Prozesse maßgeblich verändert werden. Im Gegensatz zu Anandamid, welches im Körper schneller abgebaut wird, hat THC eine längere Wirksamkeit und führt so zu einer anhaltenden Wirkung. Es hängt aber alles von der Dosis ab, weshalb THC als Rauschmittel missbraucht oder pharmakologisch ausgenutzt und positive Wirkungen auslösen kann. 

Mit der Bindung des THC an den CB1-Rezeptor werden Neurotransmitter ausgeschüttet, die Signalübertragungen bewirken, die sich vorwiegend auf das Nervensystem auswirken und Effekte wie Glücksgefühle oder Schmerzlinderung auslösen. 

Der genaue Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht vollständig erforscht! 

Pharmakokinetik

Dronabinol wird medizinisch entweder in Form von Tropfen auf der Mundschleimhaut oder als Kapseln oral verabreicht. Hierbei erreicht die Bioverfügbarkeit des Stoffs in etwa 10-20% und die maximale Konzentration des Wirkstoffs wird nach etwa zwei Stunden erreicht. 

Aufgrund ihrer hohen Lipophilie sind sie imstande sich in Fettgewebe einzulagern, sich nach und nach davon zu lösen und so wieder in die Blutzirkulation zu gelangen. Darauf geht die verlängerte Halbwertszeit zurück, d.h. die Konzentration des Dronabinol im Blut sinkt aufgrund dessen nur noch sehr langsam.

Die Menge des Wirkstoffs, die nach oraler Einnahme die Blutzirkulation erreicht (Bioverfügbarkeit) ist aufgrund des First-Pass-Effekts gering. Sie werden im Zuge dessen zuerst in der Leber abgebaut, bevor sie die Blutzirkulation erreichen. 

Dronabinol wird hauptsächlich über CYP 450-Enzyme in der Leber abgebaut und zum größten Teil mit dem Stuhl, zu einem kleineren Teil mit dem Urin ausgeschieden. Die Metaboliten, die im Zuge des Abbaus aus dem Wirkstoff entstehen, sind zwar nicht mehr psychoaktiv, sind aber ebenso imstande sich im Fettgewebe abzulagern, woraufhin sie nur sehr langsam entfernt werden. Somit ist Dronabinol und seine Abbauprodukte im Blut nachweisbar, wie lange hängt jedoch von der Menge des Konsums ab. 

Wechselwirkungen

Da die magistralen Anfertigungen mit Dronabinol bei schwerkranken Patienten, die ohnehin viele Medikamente einnehmen, Einsatz finden, ist das Auftreten von Wechselwirkungen und Gefahren durchaus möglich. 

Die häufigsten Wechselwirkungen, die auftreten können, sind auf den Metabolismus über die CYP450-Enzyme in der Leber zurückzuführen, da mehr als die Hälfte aller Arzneistoffe auf diese Weise abgebaut werden. Die folgenden Wechselwirkungen sind nicht nur auf Dronabinol, sondern auf alle Cannabinoide zutreffend!

Stoffe, die die Wirkung von Dronabinol steigern können, sind:

  • Antidepressiva
  • Opiode
  • Antimykotika
  • Amiodaron
  • Makrolide
  • Isoniazid
  • Antivirale Wirkstoffe
  • Calcium-Antagonisten
  • Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol, Pantoprazol

Stoffe, die die Wirkung von Dronabinol verringern können, sind: 

  • Johanniskraut
  • Carbamazepin
  • Phenytoin
  • Phenobarbital
  • Troglitazon
  • Rifampicin
  • Rifabutin

Dronabinol kann durch Enzymhemmung die Wirkung folgender Wirkstoffe ändern: 

  • Risperidon
  • Omeprazol
  • Warfarin
  • Diclofenac

Toxizität

Kontraindikationen & Vorsichtsmaßnahmen 

Bei der Verabreichung von Muskelrelaxantien, Hypnotika, Sedativa sowie generell Arzneimittel, die eine sedative Wirkung aufweisen wie Beruhigungsmittel, ist größte Vorsicht geboten, da sie sich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken können. Dies könnte zu Zuständen wie starker Benommenheit, Schwindel und einem erhöhten Sturzrisikos führen. 

Alkohol und Dronabinol können sich ebenso gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken, weshalb dringend davon abgeraten wird, Alkohol zu konsumieren, wenn man Dronabinol einnimmt.  

Falls Vorerkrankungen, v.a. Herzerkrankungen, psychiatrische Erkrankungen wie Schizophrenie/ Depression oder eine Abhängigkeit (Alkohol, Drogen, Medikamente) bestehen, sollte der Arzt vor einer Therapie informiert werden. 

Nebenwirkungen 

Die Häufigkeit und Stärke, mit der die Nebenwirkungen auftreten können, hängt von der konsumierten Menge sowie der Zeitdauer, in der sie eingenommen wurden, ab. 

Häufige Nebenwirkungen, die u.a. auftreten können, sind: 

  • Müdigkeit
  • Schwindel
  • Pulsbeschleunigung
  • Stimmungsschwankungen
  • gesteigerte Sinneswahrnehmung
  • Übelkeit
  • Durchfall
  • Angst

Schwangerschaft und Stillzeit 

Es liegen nicht genügend Daten vor, um die Auswirkungen von Dronabinol auf schwangere Frauen zu beurteilen, jedoch wird davon abgeraten. Ebenso ist nicht bekannt, ob Dronabinol in die Muttermilch übergehen kann beziehungsweise welche Auswirkungen es auf den Säugling haben könnte. Daher wird ebenso davon abgeraten, Dronabinol während der Stillzeit einzunehmen, es sei denn, es wird vom Arzt verschrieben oder ist unbedingt erforderlich.

Chemische & physikalische Eigenschaften

Summenformel C21H30O2
Molare Masse (g·mol−1) 314,47 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) ca. 40 °C
Siedepunkt (°C) 155–157 °C
PKS Wert 10,6
CAS-Nummer 1972-08-3
PUB-Nummer 16078
Drugbank ID APRD00571

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Susann Osmen

Susann Osmen
Autor

Susann Osmen studiert Pharmazie an der Universität Wien und verfasst im Redaktionsteam von medikamio als Autorin durch präzises Recherchieren sowie ihrem Fachwissen ausführliche Texte zu den Wirkstoffen, den aktiven Bestandteilen einer Arzneiformulierung. Ihre Wirkweise im Körper hat sie immer schon fasziniert, wodurch sie sich mit großem Interesse und hohem Engagement dafür einsetzt.

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