Levetiracetam

Levetiracetam

Grundlagen

Levetiracetam ist ein Medikament zur Behandlung von Epilepsie. Es gehört zur Gruppe der sogenannten Antiepileptika, die durch die Verringerung der Anzahl und Schwere von Anfällen wirken.

Anwendung & Indikationen

Levetiracetam wird alleine (Monotherapie), ohne andere Arzneimittel gegen Epilepsie, zur Behandlung einer bestimmten Art von Epilepsie (partielle Anfälle, die anfangs nur eine Seite des Gehirns betreffen) bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von 16 Jahren eingesetzt.

Levetiracetam kann auch als Zusatztherapeutikum eingesetzt werden, das heißt, es wird in Kombination mit anderen Medikamenten zur Kontrolle von Anfällen eingesetzt, die nicht durch diese anderen Medikamente alleine gut kontrolliert werden können.

Zu den Indikationen als Zusatzbehandlung gehören:

  • partielle Anfälle mit oder ohne sekundärer Generalisierung bei Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern und Säuglingen ab einem Alter von 1 Monat
  • myoklonischen Anfällen (kurze schockartige Zuckungen eines Muskels oder einer Muskelgruppe) bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von 12 Jahren mit juveniler myoklonischer Epilepsie
  • primär generalisierten tonisch-klonischen Anfällen (ausgeprägte Anfälle, einschließlich Bewusstlosigkeit) bei Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von 12 Jahren mit idiopathischer generalisierter Epilepsie (eine vererbbare Form der Epilepsie)

Die Dosierung von Levetiracetam beträt meist 250, 500, 750 oder 1000 mg, wenn die Einnahme in Form von Filmtabletten erfolgt. Das Dosierungsintervall liegt hier meist bei 2 Einnahmen pro Tag. Levetiracetam ist auch als Lösung zum Einnehmen und in Form von Konzentraten zur Herstellung von Infusionslösungen erhältlich.

Levetiracetam ist in der gesamten europäischen Union verschreibungspflichtig.

Geschichte

Levetiracetam ist eine Abwandlung (Derivat) des Stoffes Piracetam, welcher in der Vergangenheit bei der Behandlung der Demenz eingesetzt wurde. Levetiracetam wurde von der belgischen Pharmafirma UCB S.A entwickelt und im Jahr 1985 patentiert.

Wirkung

Pharmakokdynamik/Wirkmechanismus

Der genaue Mechanismus, über den Levetiracetam seine antiepileptischen Wirkungen entfaltet, ist unklar, aber es wird angenommen, dass der Stoff nicht wie übliche Antiepileptika wirkt. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die Bindung von Levetiracetam an das synaptische Vesikelprotein 2A (SV2A) ein wesentlicher Faktor für seine Wirkung. SV2A ist ein membrangebundenes Protein, das auf synaptischen Vesikeln vorkommt und im gesamten ZNS zu finden ist. Es scheint eine Rolle bei der Vesikelexozytose und bei der Modulation der synaptischen Übertragung zu spielen, indem es die verfügbare Menge an sekretorischen Vesikeln für die Neurotransmission erhöht. Die Stimulation der präsynaptischen SV2A durch Levetiracetam kann die Freisetzung von Neurotransmittern hemmen, wobei diese Wirkung die normale Neurotransmission nicht zu beeinträchtigen scheint. Das heißt, dass Levetiracetam ausschließlich die Funktion von SV2A unter pathophysiologischen Bedingungen moduliert, also nur eine Wirkung entfaltet, wenn eine Epilepise besteht.

Pharmakokinetik

Levetiracetam wird nach oraler Verabreichung schnell und nahezu vollständig resorbiert, wobei die absolute orale Bioverfügbarkeit bei nahezu 100 % liegt. Levetiracetam und seine Metaboliten sind weitgehend ungebunden an Plasmaproteine. Levetiracetam wird im Körper nur minimal metabolisiert. Der wichtigste Hauptmetabolit wird durch Hydrolyse im Gewebe gebildet. Etwa 66 % der verabreichten Levetiracetam-Dosis wird als unveränderter Wirkstoff mit dem Urin ausgeschieden, während nur 0,3 % der Gesamtdosis mit den Fäkalien ausgeschieden werden. Die Plasmahalbwertszeit von Levetiracetam beträgt 6-8 Stunden und wird durch die Dosis oder die wiederholte Verabreichung nicht beeinflusst.

Wechselwirkungen

Durch den fehlenden Metabolismus in der Leber lässt sich dieser Wirkstoff besonders gut mit anderen Antiepileptika und sonstigen Arzneistoffen kombinieren, da es dadurch nicht zu Wechselwirkungen kommen kann.

Toxizität

Kontraindikationen

Wenn eine Allergie gegen Levetiracetam oder andere Pyrrolidonderivate besteht, soll dieser Arzneistoff nicht eingenommen werden.

Nebenwirkungen

  • Entzündungen des Nasen-Rachen-Raumes
  • Schläfrigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Depression, Feindseligkeit oder Aggression, Angst, Schlaflosigkeit, Nervosität oder Reizbarkeit
  • Krämpfe (Konvulsionen), Gleichgewichtsstörungen, Schwindel (Gefühl der Wackeligkeit), Mangel an Energie und Begeisterungsfähigkeit (Lethargie), unwillkürliches Zittern (Tremor)
  • Drehschwindel;
  • Husten;
  • Bauchschmerzen, Durchfall (Diarrhoe)
  • Hautausschlag
  • Asthenie
  • verminderte Anzahl an Blutplättchen, verminderte Anzahl an weißen Blutkörperchen;
  • Gewichtsverlust, Gewichtszunahme;
  • Suizidversuch und Suizidgedanken, mentale Störungen, anormales Verhalten, Halluzination, Wut, Verwirrtheit, Panikattacke, emotionale Instabilität/Stimmungsschwankungen, Agitiertheit;
  • Gedächtnisverlust (Amnesie), Beeinträchtigung des Gedächtnisses (Vergesslichkeit), Koordinationsstörung/Ataxie (mangelnde Koordination der Bewegungen), Kribbeln (Parästhesie), Aufmerksamkeitsstörungen (Konzentrationsstörungen);
  • Doppeltsehen (Diplopie), verschwommenes Sehen;
  • erhöhte/anormale Werte in Leberfunktionstests;
  • Haarausfall, Ekzem, Juckreiz;
  • Muskelschwäche, Myalgie (Muskelschmerzen);
  • Verletzung
  • Infektion;
  • verminderte Anzahl aller Arten von Blutkörperchen;
  • Schwerwiegende allergische Reaktionen (DRESS, anaphylaktische Reaktion,Quincke-Ödem)
  • verringerte Natriumkonzentration im Blut;
  • Suizid, Persönlichkeitsstörungen (Verhaltensstörungen), anormales Denken (langsames Denken, Unfähigkeit sich zu konzentrieren);
  • Fieberwahn (Delirium);
  • Enzephalopathie (ein bestimmter krankhafter Zustand des Gehirns; siehe Unterabschnitt „Sprechen Sie umgehend mit Ihrem Arzt“ für eine ausführliche Beschreibung der Symptome);
  • Verschlechterung von Anfällen oder Erhöhung ihrer Häufigkeit;
  • unwillkürliche und nicht unterdrückbare, krampfartige Anspannungen von Muskeln, die Kopf, Rumpf und Gliedmaßen betreffen; Schwierigkeiten, Bewegungen zu kontrollieren, Hyperkinesie (Überaktivität);
  • Veränderung des Herzrhythmus
  • Entzündung der Bauchspeicheldrüse
  • Leberversagen, Leberentzündung
  • plötzliche Verringerung der Nierenfunktion;
  • Rhabdomyolyse (Abbau von Muskelgewebe) und damit assoziierter erhöhter Kreatinphosphokinase im Blut. Die Häufigkeit bei japanischen Patienten ist signifikant höher als bei nicht-japanischen Patienten
  • Hinken oder Schwierigkeiten beim Gehen

Schwangerschaft und Stillzeit

Levetiracetam darf in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der verordnende Arzt dies nach sorgfältiger Abwägung für erforderlich hält. Das Stillen wird während der Behandlung nicht empfohlen.

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code N03AX14
Summenformel C8H14N2O2
Molare Masse (g·mol−1) 170,21
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 117
CAS-Nummer 102767-28-2
PUB-Nummer 5284583
Drugbank ID DB01202

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Markus Falkenstätter, BSc

Markus Falkenstätter, BSc
Autor

Markus Falkenstätter ist Autor zu pharmazeutischen Themen in der Medizin-Redaktion von Medikamio. Er befindet sich im letzten Semester seines Pharmaziestudiums an der Universität Wien und liebt das wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Naturwissenschaften.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der Universität Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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