WAS IST Syntocinon 10 I.E. UND WOFÜR WIRD ES ANGEWENDET?
Syntocinon 10 I.E. ist ein Mittel zur Geburtseinleitung.
Anwendung vor der Geburt
Syntocinon 10 I.E. wird angewendet
- zur Geburtseinleitung aus medizinischen Gründen am Termin;
- bei primärer und sekundärer Wehenschwäche;
- zur Wehenstimulierung (Oxytocin-Belastungstest).
Anwendung nach der Geburt
Syntocinon 10 I.E. wird angewendet
- zur Blutungsprophylaxe nach Abort;
- zur Prophylaxe einer verstärkten Nachgeburtsblutung;
- zur Förderung und Beschleunigung der Ablösung und Ausstoßung der Plazenta (Mutterkuchen);
- bei atonischen Blutungen in der Nachgeburtsperiode:
Oxytocin sollte bei dieser Indikation als Mittel der zweiten Wahl nur dann angewandt werden, wenn andere uteruskontrahierende Substanzen wie Methylergometrin, Prostaglandine oder deren Derivate kontraindiziert bzw. nicht verträglich sind.
Wirkungsweise
Syntocinon wirkt überwiegend auf die glatte Muskulatur der Gebärmutter, vor allem gegen Ende der Schwangerschaft, während der Wehentätigkeit, nach Geburt und im Wochenbett, d. h. in Zeiten, da die Zahl spezifischer Oxytocin-Rezeptoren im Myometrium erhöht ist.
Oxytocin stimuliert sowohl die Kontraktionsfrequenz als auch die kontraktile Kraft der Uterusmuskulatur bei nachfolgend normaler Relaxationsphase. Bei höherer Dosierung kann es zu einer Dauerkontraktion kommen.
Während des ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittels ist die Kontraktionsbereitschaft des menschlichen Uterus gering. Während des letzten Drittels nimmt sie rasch zu, um am Geburtstermin ein Maximum zu erreichen. Die Oxytocin-Empfindlichkeit der Gebärmuttermuskulatur geht dem Anstieg der Kontraktionsneigung parallel. Dementsprechend reichen relativ niedrige Dosierungen zur Auslösung effektiver Wehen am Geburtstermin aus. Die Ursache der Empfindlichkeitszunahme ist einerseits die sexualsteroidabhängige vermehrte Ausbildung von ?gap junction, das eine koordinierte, leichtere Übertragung elektrischer Impulse ermöglicht, andererseits spielt die mit ansteigender Schwangerschaftsdauer zunehmende Bildung von Oxytocin-Rezeptoren eine wesentliche Rolle für die Wirkungsverstärkung des Oxytocin zum Geburtstermin. Beide Einflussgrößen werden wiederum durch die Aktivität bzw. Sensibilität von - und -Katecholamin-Rezeptoren kontrolliert und durch Prostaglandine beeinflusst.
Durch Oxytocin werden auch die myoepithelialen Zellen im Bereich der Brustdrüse kontrahiert.
In hoher Dosierung, besonders bei schneller intravenöser Injektion, bewirkt Oxytocin eine kurz dauernde Erschlaffung der Gefäßmuskulatur, welche mit Blutdruckabfall, Hautrötung und Reflextachykardie verbunden sein kann, vor allem bei Patientinnen in Halothan-Narkose.
In hoher Dosierung hat Oxytocin einen antidiuretischen Effekt, der die Zeichen einer Wasserintoxikation, vor allem in Kombination mit großer Volumenzufuhr, haben kann.
Pharmakokinetik
Absorption
Oxytocin ist nach oraler Zufuhr unwirksam.
Bei i.m. Anwendung gelangt Oxytocin innerhalb von Minuten in die Blutbahn und erreicht das Maximum seiner biologischen Wirksamkeit innerhalb von 30 Minuten.
Verteilung
Oxytocin wird in der Extrazellulärflüssigkeit verteilt, wobei minimale Mengen zum Fetus gelangen. Nach i.v.-Injektion war das Verteilungsvolumen im Steady-State bei 6 gesunden männlichen Probanden 12,2 l oder 0,17 l/kg. Die Plasmaproteinbindung ist sehr gering. Oxytocin kann in sehr geringen Mengen in die Muttermilch übergehen.
Biotransformation
Oxytocinase, eine Glykoprotein-Aminopeptidase, wird während der Schwangerschaft produziert und erscheint im Plasma. Sie kann Oxytocin inaktivieren. Ihre Enzymaktivität steigt allmählich an bis zum Geburtstermin. Nach der Geburt nimmt die Enzymaktivität ab. Während dieser Zeit ist auch die Enzymaktivität in der Plazenta und im uterinen Gewebe hoch. Im Plasma, das von Männern, von nicht schwangeren Frauen und aus Nabelschnurblut stammt, wird Oxytocin kaum oder gar nicht inaktiviert.
Elimination
Die relative Einfachheit, mit welcher sich die Frequenz und Stärke der Uteruskontraktionen mittels i.v.-Infusion von Syntocinon regulieren lassen, ist auf die kurze Halbwertszeit von Oxytocin zurückzuführen. Die Angaben zur Serumhalbwertszeit von Oxytocin reichen von 3 Minuten bis zu 20 Minuten. Oxytocin wird vorwiegend durch Leber und Nieren aus dem Serum eliminiert. Die metabolische Clearance beträgt sowohl bei Männern als auch bei schwangeren Frauen bis zu 20 ml/kg pro Minute. Weniger als 1 % einer verabreichten Dosis wird unverändert im Urin ausgeschieden.
Toxikologische Eigenschaften/Präklinische Daten zur Sicherheit
Basierend auf konventionellen Einzeldosis-Studien zur akuten Toxizität, Genotoxizität und Mutagenität lassen die präklinischen Daten für Oxytocin keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.
Präklinische Effekte (Verlust von Feten bei Ratten) wurden in einer präklinischen Studie nur nach Expositionen beobachtet, die ausreichend über der maximalen humantherapeutischen Exposition lagen. Die klinische Relevanz für den Menschen wird als gering bewertet.
Akute Toxizität
Bei der Prüfung der akuten Toxizität an der Maus erwiesen sich 200 I.E. Oxytocin/kg i.v. als indifferent; 300 I.E. Oxytocin/kg i.v. verursachten flüchtige Gleichgewichtsstörungen von einigen Minuten Dauer.
An Ratten und Mäusen wurden Einzeldosis-Toxizitätsstudien sowohl mit oraler, intravenöser als auch subkutaner Gabe durchgeführt. Die akute orale und subkutane Toxizität betrug bei Ratten 20,5 mg/kg und bei Mäusen 514 mg/kg Körpergewicht. Die letale intravenöse Dosis war bei Ratten 2,3 mg/kg und bei Mäusen 5,8 mg/kg Körpergewicht. Somit übersteigt die intravenöse letale Dosis bei Mäusen die übliche i.v.-Dosis beim Menschen mehr als das 1000fache.
Akute Vergiftungen mit Oxytocin sind nicht bekannt. Bei länger dauernder sehr hoher Dosierung und überhöhter Flüssigkeitszufuhr kann die wasserretinierende Wirkung des Syntocinon zu Wasserintoxikationen führen.
Chronische/subchronische Toxizität
Untersuchungen zur chronischen Toxizität liegen nicht vor.
Mutagenes und tumorerzeugendes Potenzial
Es liegt eine In-vitro-Studie über die Genotoxizität bzw. Mutagenität von Oxytocin vor. Alle Untersuchungen waren sowohl in Bezug auf chromosomale Aberrationen als auch auf Schwesterchromatiden-Austausch in humanen peripheren Lymphozytenkulturen negativ.
Der mitotische Index änderte sich nicht. Oxytocin hat keine genotoxischen Eigenschaften.
Aus der Struktur des Stoffes ergeben sich keine Verdachtsmomente auf mutagene Wirkungen.
Dementsprechend zeigten zytogenetische Untersuchungen an kultivierten Humanlymphozyten mit Syntocinon negative Befunde.
Untersuchungen auf ein tumorerzeugendes Potenzial von Syntocinon liegen nicht vor.
Karzinogenität, Teratogenität und Reproduktionstoxizität
Eine tausend Mal höhere Dosis, als sie für die Geburtseinleitung bei Frauen verwendet wird, verursachte bei Ratten in einem frühen Stadium der Trächtigkeit einen Abort; die Relevanz ist jedoch nicht bekannt.
Mit Oxytocin wurden keine standardisierten Teratogenitäts-, Reproduktionstoxizitäts- und Karzinogenitätsstudien durchgeführt.
PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
Inkompatibilitäten
Da keine Kompatibilitätsstudien durchgeführt wurden, darf Syntocinon nicht mit anderen Arzneimitteln (außer den im Abschnitt 3 ?Wie ist Syntocinon 10 I.E. anzuwenden?? genannten Infusionslösungen) gemischt werden.
Dauer der Haltbarkeit
2 Jahre