Alkohol - Ein unterschätztes Gesundheitsrisiko?

Leberzirrhose durch Alkohol

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Alkohol, eigentlich Ethanol, ist ein Rauschgift, das aber in den meisten Ländern der Welt legal konsumiert werden darf. In westlichen Ländern ist er die dominanteste Droge und wurde bereits vor der Zeit schriftlicher Aufzeichnungen konsumiert. Trotz seines hohen Suchtpotentials wird Alkohol in der Gesellschaft akzeptiert. Gerade deswegen wird er oft unterschätzt. Denn die zahlreichen Folgen des Konsums wirken sich negativ auf unsere Gesundheit aus, nicht nur auf unseren Körper, sondern auch auf unsere Psyche. Organschäden, Krebserkrankungen und Demenz sowie Depressionen, Abhängigkeit und soziale Isolation sind nur ein paar wenige der zahlreichen Folgen und Risiken von Alkoholkonsum.

Wie wird Alkohol in unserem Körper aufgenommen und verarbeitet?

Im ganzen Verdauungstrakt wird Alkohol resorbiert. Bereits die Mundschleimhaut nimmt in geringen Mengen Ethanol auf. Der durch die Mundschleimhaut aufgenommene Teil geht direkt in die Blutbahn über, während der Teil, der durch die Magen- bzw. Darmschleimhaut aufgenommen wird, zuerst die Leber passiert. Die Leber baut einen Teil des Ethanols ab, was die Menge, die in den Blutkreislauf übergeht, reduziert. In der Leber wird Alkohol durch die Alkoholdehydrogenase, einem Enzym, zu Ethanal abgebaut. Ethanal wird dann durch die Acetaldehyddehydrogenase zur unschädlichen Essigsäure umgewandelt. Das Schädliche am Alkoholabbau ist das Zwischenprodukt Ethanal. Dieser ist auch für den Kater am nächsten Morgen verantwortlich. Des Weiteren wird dessen Abbau durch Zucker gehemmt, wodurch der Kater bei süßen alkoholischen Getränken besonders schlimm ist (Mixgetränke, Liköre, Sekt).

Wichtig ist es, hier zu erwähnen, dass jeglicher Alkoholkonsum schädlich für die Leber ist, weil der Abbau des Alkohols immer gleich abläuft und somit bei jeder Entgiftung durch die Leber Ethanal entsteht, der die Leber schädigt. Da die menschliche Leber aber eine sensationelle Regenerationsfähigkeit hat, auch Prometheus-Effekt genannt, können längere Alkoholabstinenz-Phasen zur Regeneration der Leber beitragen. Erst bei einer Zerstörung von 80-90% des Lebergewebes kann sie sich nicht mehr regenerieren. 

Im Gehirn wirkt Alkohol als Zellgift, welches Neurotransmitter, also Botenstoffe, beeinflusst. Neurotransmitter sind ganz essentiell für die Kommunikation der einzelnen Zellen im Gehirn. Reaktion und Wahrnehmung werden durch Ethanol beeinflusst. Er wirkt aber auch belohnend für unser Gehirn, euphorisch, relaxierend und angstlösend. Nimmt man zu viel zu sich, kann die Wirkung auch betäubend sein. 

Leberzirrhose durch Alkohol

Leberzirrhose durch Alkohol (Rasi Bhadramani/iStock)

Statistiken zum Thema Alkohol

In der EU sind mehr als 7% aller frühzeitigen Todesfälle und Erkrankungen auf Alkoholmissbrauch zurückzuführen. Bereits mäßiger Alkoholkonsum kann das Risiko für Herz-Kreislauf-, Krebs- und Lebererkrankungen erhöhen. Die WHO zählt Alkoholkonsum zu einer der 7 führenden Risikofaktoren für Mortalität. Alleine in Deutschland starben im Jahr 2016 an Alkohol, bzw. an alkohol-assoziierten Folgeerkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Mellitus, Lebererkrankungen,...) 19.000 Frauen und 43.000 Männer.

Zusätzlich ist Ethanol der Grund für viele Verkehrstote. 8% aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden in Österreich im Jahr 2022 sind darauf zurückzuführen. 13 Kinder wurden in Österreich im Jahr 2022 im Straßenverkehr durch Alkohol getötet, ein trauriger Höchststand seit 1992. 

Deutsche Gesundheitsökonomie schätzten die Kosten im Jahr 2020, die durch Alkohol verursacht wurden, auf 57,04 Milliarden Euro. 16,59 Milliarden Euro davon entfallen direkt auf das Gesundheitssystem. Dazu zählen Arztkosten, Krankenhausaufenthalte und Medikamentenkosten.

Der pro Kopf Verbrauch an Reinalkohol ab 15 Jahren lag im Jahre 2020 in Deutschland bei 10 Liter. Pro Kopf wurden im selben Jahr 94,6 Liter Bier konsumiert, 20,7 Liter Wein, 3,3 Liter Schaumwein und 5,4 Liter Spirituosen. Dafür müsste jeder Deutsche (ab 15 Jahren) täglich etwa ¼ Liter Bier, 1/16 Liter Wein, 1 Gläschen Sekt und ½ Stamperl an Spirituosen trinken. Wenn man diese Angaben nun in reinen Alkohol umrechnet, würde das eine tägliche Zufuhr von ca. 19 Gramm reinen Alkohols bedeuten. Die Höchstmengen für gesundheitlich noch "verträgliche" Mengen reinen Alkohols liegen bei 24 g beim erwachsenen Mann und 16 g bei der erwachsenen Frau. Die für Männer und Frauen unterschiedlichen Werte kommen aufgrund der biologischen Unterschiede zustande. 

Folgen von Alkohol am Steuer

Folgen von Alkohol am Steuer(AND-ONE/iStock)

Welche Folgen hat Alkohol  für die Gesundheit?

Das Wichtigste zuerst: Es gibt keine unbedenkliche Menge an Alkoholkonsum! Jeder Tropfen Alkohol birgt ein gesundheitliches Risiko, egal wie viel davon getrunken wird. Je mehr man trinkt, desto höher das Risiko für die Gesundheit. Ethanol erhöht das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Krebs-Erkrankungen und vielen mehr. 

Auswirkungen auf das Gehirn und Nervensystem

Im zentralen Nervensystem kommt es zu Schädigungen und zum Absterben von Nervenzellen. Als Folge davon zu Störungen im Temperatur-, Schmerz- und Berührungsempfinden. Ethanol wirkt sich auch auf das Kleinhirn aus, das für Bewegungsabläufe und Koordination zuständig ist. Dies erklärt auch, warum es beim Rauschzustand oft zum Wanken oder zu Schwierigkeiten beim Gehen und Stehen kommt. Beim chronischen Alkoholismus kann es auch zu Konzentrations-, Sprech- und Gedächtnisstörungen kommen. Außerdem kommt es zur Abnahme von Hirnvolumen, was eine Intelligenzminderung zur Folge hat. Eine neue Studie aus 2023 zeigt, dass riskanter Alkoholkonsum ein Risikofaktor für Demenz vor dem 65. Lebensjahr ist. Das wären europaweit 3000 neue Demenzfälle pro Jahr vor dem 65. Lebensjahr. Von einem riskanten Alkoholkonsum spricht man ab einer Menge von 60 g Reinalkohol beim Mann (ca. 1,5 Liter Bier täglich) und 40 g Reinalkohol bei Frauen (ca. 1 Liter Bier täglich). Eine schlimme Form der durch Alkohol verursachten Demenz ist die Korsakow-Demenz, benannt nach dem russischen Entdecker und Facharzt für Psychiatrie Sergej Korsakow. Dabei kommt es aufgrund von Mangelernährung zu einem Vitamin-B1-Mangel (Thiamin Mangel). Da Alkoholiker oft ihre Mahlzeiten durch Alkohol ersetzen, ist diese Form der Demenz bei chronischem Konsum weit verbreitet. 

Abnahme von Hirnvolumen durch Alkohol

Abnahme von Hirnvolumen durch Alkohol (kulkann/iStock)

Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System

Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Ethanol an Herzrhythmusstörungen und Hirnblutungen beteiligt. Er erhöht den Blutdruck und den Herzschlag. Der übermäßige Konsum löst einerseits Entzündungsreaktionen aus, welche dann die Herzrhythmusstörungen verursachen. Andererseits kann er nicht nur den Blutdruck erhöhen, sondern auch die Schlafqualität stören, was wiederum zu Atemaussetzern führen kann. Bekannt ist auch das “Holiday-Heart-Syndrom”. Dabei kommt es ein paar Tage nach hohem Alkoholkonsum (z.B. auf Feiern oder Partys) zum spürbaren Herzstolpern bei jüngeren Menschen. Dieses Herzstolpern tritt zwar nur in Episoden auf und kann wieder verschwinden, es könnte aber bereits ein erstes Anzeichen für ein späteres Vorhofflimmern sein, einer sehr häufiger Herzrhythmusstörung

Alkohol und Krebserkrankungen

Auch bei Krebserkrankungen spielt er keine Nebenrolle. So ist chronischer Alkoholkonsum für die Entstehung verschiedener Krebsarten, vor allem Krebsarten im Verdauungstrakt und Brustkrebs, verantwortlich. Im Jahr 2018 sind 92.000 Krebstote in Europa auf Alkoholkonsum zurückzuführen. 

Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt

Weitgehend bekannt ist, dass Alkoholismus schwere Auswirkungen auf die Leber hat. Es kann zur Leberentzündung (Hepatitis) kommen und infolgedessen zur Leberzirrhose (Zerstörung von Lebergewebe). Dadurch kann es zur Gelbsucht, zur Lebervergrößerung, sowie zu Veränderungen der Haut und Nägel, aber auch zum Leberkrebs kommen. 

Wesentlich weniger bekannt sind jedoch die Auswirkungen auf die Speiseröhre, den Magen, den Darm und die Bauchspeicheldrüse, wo es ebenfalls zu Entzündungen und Geschwüren sowie zu Krebserkrankungen kommen kann. Eine Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) kann in weiterer Folge zu Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) sowie zum Pankreaskrebs führen. Wegen der Zerstörung von Pankreasgewebe kommt es mitunter zur Zerstörung der Langerhans-Inselzellen, die für die Insulinproduktion essentiell sind und somit den Blutzuckerspiegel senken. Gehen diese zugrunde, so kommt es zur Zuckerkrankheit, da der Körper den Blutzuckerspiegel nicht mehr senken kann. Eine sehr gefürchtete Komplikation des chronischen Alkoholkonsums sind Ösophagusvarizenblutungen. Ösophagusvarizen sind Krampfadern in der Schleimhaut der Speiseröhre, welche sich durch die gefäßerweiternde Wirkung von Ethanol bilden können. Das eigentliche Problem dieser Komplikation ist aber die Blutung dieser Krampfadern. Wegen der “ungünstigen” Lage der Speiseröhre ist eine Blutstillung erst in einer geeigneten Einrichtung möglich. Da der Mensch bei massiven Blutungen binnen weniger Minuten verbluten kann, führen Ösophagusvarizenblutungen häufig zum Tod durch inneres Verbluten, da mögliche Interventionen meist nicht rechtzeitig durchgeführt werden können. 

Leberzirrhose durch Alkohol

Leberzirrhose durch Alkohol(Dr_Microbe/iStock)

Auswirkungen auf die Psyche und das Sozialleben

Chronischer Alkoholismus geht meist mit psychischen Problemen einher. Er kann psychische Erkrankungen auslösen, aber auch durch diese verursacht werden. Hier zählen vor allem Persönlichkeitsstörungen, Depressionen und Angststörungen dazu. 

Hinzu kommen dann meist aber noch Probleme im sozialen Umfeld, da sich das gesamte Leben von Süchtigen um die Droge dreht. Aufgrund der enthemmenden Wirkung von Alkohol können Betroffene zu Gewalt und Straftaten neigen, aber auch das Unfallrisiko nimmt dadurch zu, weil man die Selbsteinschätzungsfähigkeit verliert. Weitere soziale Folgen können Finanzprobleme, Jobverlust oder sogar soziale Ausgrenzung sein. 

Soziale Isolation durch Alkohol

Soziale Isolation durch Alkohol(francescoch/iStock)

Auswirkungen in der Schwangerschaft und Stillzeit

Besonders negativ wirkt sich der Alkoholkonsum in der Schwangerschaft und Stillzeit aus, da hier nicht nur ein erhöhtes Risiko für die Mutter besteht, sondern auch für das Ungeborene bzw. den Säugling. Grundsätzlich ist jeder Tropfen in der Schwangerschaft und Stillzeit ein Gesundheitsrisiko für Mutter und Kind. Starker Alkoholkonsum in der Schwangerschaft kann zu einem fetalen Alkoholsyndrom beim Neugeborenen führen, wodurch es  zur geistigen Retardierung sowie zu diversen Organschäden kommen kann. 

Alkohol und Schwangerschaft

Alkohol und Schwangerschaft(anatoliy_gleb/iStock)

Fazit

Jeder einzelne Tropfen Alkohol ist schädlich. Je größer die Menge, desto höher das Schadenspotential. Um dieses Risiko so gering wie möglich zu halten und weil Ethanol in der Gesellschaft ein akzeptiertes Konsumgut ist, welches ein Bestandteil des Soziallebens ist, wurden tolerierbare Konsum Grenzen eingeführt, welche 24 g Reinalkohol beim erwachsenen Mann und 16 g Reinalkohol bei der erwachsenen Frau betragen. 

Krebserkrankungen, Demenz, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Alkoholsucht oder das fetale Alkoholsyndrom bei Neugeborenen sind nur einige wenige gesundheitliche Folgen von Alkohol. Selbst die oben erwähnten tolerierbaren Grenzen sind keine Garantie dafür, nicht an einer der vielen Folgen des Alkoholkonsums zu sterben. 

Erfreuliche Nachrichten kommen aber von einem 2019 veröffentlichten Forschungsbericht, der im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz Österreichs durchgeführt wurde. Demnach kam es in den letzten 20 Jahren zu einem Rückgang des Alkoholkonsums bei Jugendlichen. Nicht nur die Häufigkeit des Trinkens ging zurück, sondern auch die getrunkene Menge. Wesentlich deutlicher ist dieser Trend bei männlichen Jugendlichen zu sehen, als bei weiblichen. Allerdings trinken Buben nach wie vor mehr als Mädchen. 

Quellenangaben

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Thomas Hofko

Thomas Hofko
Autor

Thomas Hofko befindet sich im letzten Drittel seines Bachelorstudiums der Pharmazie und ist Autor für pharmazeutische Themen. Er interessiert sich besonders für die Bereiche Klinische Pharmazie und Phytopharmazie.

Letztes Update

23.02.2024

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