Phenylephrin

Phenylephrin

Grundlagen

Phenylephrin ist ein vasokonstriktorischer (gefäßverengender) Wirkstoff und gehört zur Gruppe der direkten Sympathomimetika. Diese binden an einen oder mehreren Subtypen von Adrenozeptoren und werden daher auch als Adrenozeptor-Agonisten bezeichnet. Phenylephrin bindet spezifisch am α1-Adrenozeptor, welcher von den Signalstoffen Adrenalin und Noradrenalin aktiviert wird. Durch seine Bindung löst er mehrere Effekte aus, wodurch der Wirkstoff vielseitig eingesetzt wird. 

Anwendungen und Indikationen  

Phenylephrin ist als Wirkstoff in Nasentropfen zum Abschwellen der Schleimhäute oder in Kombinationspräparaten mit beispielsweise Paracetamol zur Linderung der Erkältungsbeschwerden (GeloProsed®) zu finden. Weiters gibt es im Handel auch Filmtabletten in Kombination mit Ibuprofen, ebenfalls zur Linderung der Erkältungssymptome. Im Bereich des Auges wird es in Form von Augentropfen, beispielsweise als Mydriatikum zur kurzfristigen Erweiterung der Pupillen für ärztliche Untersuchungen oder zur Verengung der Blutgefäße in der Bindehaut eingesetzt. In Arzneimitteln zur innerlichen Anwendung wird das Chlorsalz Phenylephrin-Hydrochlorid verwendet, da dieses besser wasserlöslich ist und so nach der Einnahme rascher resorbiert werden kann. Das führt zu einem schnelleren Wirkungseintritt. So lässt sich der Wirkstoff in Injektions-/ Infusionslösungen einsetzen und wird im Bereich der Anästhesie als Vasopressor verwendet, um den Blutdruck zu heben. 

Ebenso ist er im Handel in Kombination mit anderen Wirkstoffen als Filmtablette erhältlich. 

Augentropfen mit dem Wirkstoff Phenylephrin (z.B. Neosynephrin-POS 5 %) werden mit einer Dosis von einem Tropfen ein- bis zweimal täglich bei zurückgelegtem Kopf am Auge angewendet. 

Vibrocil Nasenspray wird bei akutem Schnupfen zur Abschwellung der Nasenschleimhaut in die Nase eingesprüht und erleichtert so die Nasenatmung. Die laut Packungsbeilage erlaubte Dosis beträgt bei Erwachsen drei- bis viermal täglich 2 Sprühstöße pro Nasenöffnung; bei Kindern von 6-12 Jahren ist drei- bis viermal täglich nur ein Sprühstoß in jede Nasenöffnung erlaubt. 

Diese und ähnliche Präparate mit dem Wirkstoff Phenylephrin sollen nur für kurze Zeit angewendet werden und sind nicht für die längerfristige Benutzung geeignet. Sie sollen nur bei kurzfristigen Symptomen eines grippalen Infekts im Falle der Erkältungspräparate, oder im Rahmen einer Augenuntersuchung/ Augenentzündung angewendet werden. 

Generell darf eine Benutzung die Dauer von einer Woche ohne ärztliche Rücksprache nicht überschreiten. 

Injektionslösungen wie Phenylephrin Aguettant werden unter ärztlicher Leitung und von medizinischer Fachkraft verabreicht. Dabei bestimmt der Arzt die Dosis je nach Krankheitsgeschichte des Patienten. 

Es gibt unterschiedliche Dosierungen dieser Injektionslösungen; eine normale Dosierung beträgt dabei 50 bis 100 Mikrogramm und darf wiederholt werden. Eine Bolusinjektion (d.h. bei einer schnellen Verabreichung der Substanz) dürfen jedoch die 100 Mikrogramm nicht überschritten werden.  

Wirkung

Pharmakodynamik/ Wirkmechanismus 

Phenylephrin wirkt sympathomimetisch, das heißt er löst durch Bindung an den α1-Adrenozeptor die Funktionen des Sympathikus, die durch nervale Botschaften auf einer Aktivitätssteigerung abzielen, aus. Diese Rezeptoren befinden sich größtenteils im Zentralnervensystem und werden sowohl lokal- beispielsweise in Form von Nasentropfen- als auch systemisch als Injektions-/ Infusionslösungen eingesetzt und führen zur Vasokonstriktion. D.h. nach Einnahme bindet Phenylephrin an α1-Adrenozeptoren, wordurch anschließend die Blutgefäße im Körper verengt werden. Die Gefäßmuskulatur wird angespannt, das Lumen der Gefäße verengt und folglich sinkt der Blutfluss. Dadurch schwillt die Schleimhaut ab und löst je nachdem erwünschte Effekte aus, wie beispielsweise das Freiwerden einer verstopften Nase, Verringerung des Nasenlaufens oder Abmilderung geschwollener Augen. 

Pharmakokinetik

Bei Injektionslösungen wirkt Phenylephrin 20 Minuten nach der intravenösen Verabreichung. 

Der Wirkstoff wird in der Leber über die Monoaminooxidase verstoffwechselt (wodurch eine geringe orale Bioverfügbarkeit resultiert) und hauptsächlich über die Niere ausgeschieden. 

Die Halbwertszeit (die Zeit, in der der Gehalt des Wirkstoffs auf die Hälfte gesunken ist) beträgt bei injiziertem Phenylephrin ca. drei Stunden. 

Strukturell bedingt ist Phenylephrin eine sehr wenig polare Verbindung und kann daher aus dem Magen-Darm-Trakt gut resorbiert werden. 

Wechselwirkungen 

  • Unterschiedliche Gruppen der Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva, noradrenerge-serotonerge Antidepressiva) und Sibutramin lösen in Kombination mit Phenylephrin eine paroxysmale (anfallsartige) Hypertonie aus und erhöhen das Risiko von Arrhythmien.
  • Herzglykoside und Chinidin erhöhen ebenso das Risiko von Arrhythmien.
  • Selektive MAO (Monoaminoxidase)-A-Hemmer und Linezolid erhöhen das Risiko einer Vasokonstriktion (Gefäßverengung) und/oder einer hypertensiven Krise.
  • Guanethidin und ähnliche Produkte, die zur Behandlung des Bluthochdrucks angewendet werden, können mit Phenylephrin einen deutlichen Blutdruckanstieg auslösen.
  • Halogenierte flüchtige Anästhetika wie Isofluran erhöhen bei Anwesenheit von Phenylephrin das Risiko einer hypertensiven Krise und Arrhythmien perioperativ (d.h. im Zeitraum vor, während und nach einer Operation)
  • Bei gleichzeitiger Einnahme mit Betablockern soll Phenylephrin in einer geringeren Dosis eingenommen werden, da es in seltenen Fällen zu vorübergehender Atemnot und Blutdruckanstieg kommen kann.
  • Alpha Rezeptorenblocker heben die Wirkung von Phenylephrin auf.

Bei gleichzeitiger Anwendung des Phenylephrin mit anderen Sympathomimetika kann ihre Wirkung verstärkt oder abgeschwächt werden. 

Daher ist es wichtig den zu behandelnden Arzt vor der Einnahme eines Medikaments mit Phenylephrin zu berichten, welche Medikamente zeitgleich eingenommen werden. 

Toxizität

Kontraindikationen & Vorsichtsmaßnahmen 

MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer) sind Psychopharmaka, die gegen Depression eingesetzt werden. Sie haben eine langanhaltende Wirkung und können mit Phenylephrin noch nach 15 Tagen seit der letzten Einnahme wechselwirken und Effekte wie Hypertonie oder Hyperthermie auslösen. Das ist eine klare kontraindizierte Kombination und sollte vermieden werden.

Arzneimittel mit Phenylephrin sind bei Patienten mit folgenden Erkrankungen mit Vorsicht und nach Absprache mit dem Arzt anzuwenden: 

  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Herzrhythmusstörungen wie Bradykardie (Verlangsamung des Herzschlags), Tachykardie (Erhöhung des Herzschlags) oder Arrhythmie: hier ist eine Reduktion der Dosis in Betracht zu ziehen sowie eine Überwachung der vitalen Organfunktionen im Zeitraum der Einnahme
  • Koronare/chronische Herzerkrankungen
  • Aneurysma (lokale Aussackung des Blutgefäßes)
  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)

Phenylephrin wirkt auf das Herz und kann eine Reduktion der Herzleistung herbeiführen. Daher muss besonders bei älteren Patienten sowie bei Patienten mit Arteriosklerose darauf geachtet werden!

 Ebenso ist Vorsicht geboten bei Kombination mit Wehenmittel, da die Wirkung potenziert wird und folglich eine persistierende (fortdauernde) Hypertonie und postpartal (nach der Geburt) Schlaganfälle auftreten können. 

Die Langzeitanwendung des Medikaments in der Nase oder am Auge ist verboten. 

Nebenwirkungen 

Phenylephrin wird häufig in der Intensivmedizin bei Patienten mit Hypotonie und Schock als Injektionslösung verwendet. Dabei können unter anderem Nebenwirkungen auftreten wie:

  • Erkrankungen des Immunsytems: Hypersensitivität
  • Erkrankungen des Nervensystems: Kopfschmerzen
  • Psychiatrische Erkrankungen: Angst, Unruhe, Verwirrung
  • Herzerkrankungen: Tachykardie, Hypertonie (Bluthochdruch), Arrhythmie, Angina pectoris (Brustenge)
  • Gefäßerkrankungen: zerebrale Blutung, hypertensive Krise
  • Erkrankungen der Atemwege/ des Brustraums: Dyspnoe (Atemnot, Kurzatmigkeit), Lungenödeme
  • Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts: Übelkeit, Erbrechen
  • Erkrankungen der Haut: Schwitzen, Blässe
  • Erkrankungen der Niere und der Harnwege: Harnretention, Schwierigkeiten beim Wasserlassen

Die Häufigkeit, mit der diese Nebenwirkungen auftreten ist nicht bekannt und sie stehen vor allem in Verbindung mit unterschiedlichen Grunderkrankungen der Patienten und nicht unbedingt mit der Anwendung des Arzneimittels selbst.  

Bei der Anwendung von Phenylephrin in Form von Augentropfen oder Nasentropfen wird es nur geringfügig in Blut aufgenommen und daher ist nicht mit schweren systemischen Nebenwirkungen zu rechnen. Möglich sind Nebenwirkungen wie rötende Augen und brennende Schmerzen. Es können auch Akkomodationsstörungen wie Verschwommensehen auftreten. 

Bei Anwendung in der Nase sind u. a. eine vermehrte Sekretbildung und Schleimhautschädigung möglich. 

Schwangerschaft und Stillzeit 

Es ist möglich Phenylephrin unter strengen Vorgaben während der Schwangerschaft zu injizieren, jedoch sollte das gegen Ende der Schwangerschaft bzw. während der Wehen vermieden werden, da es möglicherweise zu einer fetalen Hypoxie (Sauerstoffunterversogung des Ungeborenen) oder Bradykardie kommen kann. 

Während des Stillens sollten Medikamente mit Phenylephrin vermieden werden, da das stillende Kind Gefahr einer kardiovaskulären oder neurologischen Wirkung ausgesetzt ist. Es können kleine Mengen von Phenylephrin in die Muttermilch übergehen. Die orale Bioverfügbarkeit ist dann zwar gering, aber es soll trotzdem nicht eingenommen werden. 

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code C01CA06, R01AA04, R01AB01, R01BA03, S01FB01, S01GA05
Summenformel C9H13NO2
Molare Masse (g·mol−1) 167,205 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt (°C) 171–176 °C
Siedepunkt (°C) 171–176 °C
PKS Wert 8,9; 10,1
CAS-Nummer 59-42-7
Drugbank ID DB00388

Redaktionelle Grundsätze

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Susann Osmen

Susann Osmen
Autor

Susann Osmen studiert Pharmazie an der Universität Wien und verfasst im Redaktionsteam von medikamio als Autorin durch präzises Recherchieren sowie ihrem Fachwissen ausführliche Texte zu den Wirkstoffen, den aktiven Bestandteilen einer Arzneiformulierung. Ihre Wirkweise im Körper hat sie immer schon fasziniert, wodurch sie sich mit großem Interesse und hohem Engagement dafür einsetzt.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der Universität Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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