Die Zahlen der sexuell übertragbaren Krankheiten steigen signifikant in Europa. So wuchs die Menge an Gonorrhö-Fällen um 48% von 2022 auf 2023. Die Syphilis-Diagnosen um 34% und die Chlamydien-Zahlen um 16%. In Deutschland erhöhten sich auch die HIV-Infektionen um 20%. So liegt die Zahl der HIV-Erkrankten 2023 bei 3300 in Deutschland. Einen beachtlichen Anstieg gab es vor allem in Osteuropa. Aber auch in ganz Europa sind die Zahlen gravierend: etwa 2,6 Millionen EuropäerInnen leben mit einer HIV-Erkrankung, rund 14 Millionen mit Hepatitis-B und 13 Millionen mit Hepatitis-C. Vor allem bei jüngeren Menschen, speziell in der Gruppe der 20-24-Jährigen, ist der Anstieg am stärksten. Bei Chlamydien- und Gonorrhö-Fällen sind junge Frauen am häufigsten betroffen. Nach dem Höchststand von 2019 und einer nachfolgenden Abnahme der Fälle während der COVID-19 Pandemie steigen die Zahlen wieder. Dass die Fallzahlen in Nicht-EU-Ländern geringer ausfallen, hängt damit zusammen, dass das Screening in diesen Ländern nicht mit der gleichen Intensität und Genauigkeit wie in der Europäischen Union durchgeführt werden kann. Somit können diese Daten nicht miteinander verglichen werden.
Bei Chlamydien handelt es sich um eine Infektion, die von Chlamydia Trachomatis Bakterien verursacht wird. Die Übertragung erfolgt durch Geschlechtsverkehr oder Oralsex. Infektionen mit Chlamydien sind die häufigsten bakteriellen, sexuell übertragbaren Krankheiten. Wegen der oft leichten Symptomatik bleibt sie oft unbemerkt, kann aber zu schweren Entzündungen sowie zu Unfruchtbarkeit führen. Ausfluss aus Penis und Vagina, Blutungen, Schmerzen beim Urinieren und geschwollene Hoden sind die häufigsten Symptome von Chlamydien. Durch einfache Tests kann eine rasche Diagnose gestellt werden und speziell im Frühstadium ist eine Antibiotika-Behandlung meist ausreichend.
Gonorrhö oder auch Tripper genannt, werden ebenfalls durch Bakterien, den Gonokokken, übertragen, oft auch gemeinsam mit Chlamydien. Hierbei kommt es auch zu Schmerzen beim Urinieren und zum Ausfluss aus der Harnröhre. Beim Mann kann es zu Schwellungen an Prostata und Nebenhoden, zu Fieber und starken Schmerzen kommen. Bei Frauen können ebenfalls heftige Unterleibsschmerzen auftreten und Eiteransammlungen im Bauchraum entstehen. Durch einen Abstrich können ÄrztInnen diese Erkrankung feststellen und ebenfalls mit Antibiotika behandeln.
Hierbei handelt es sich um eine Virusinfektion mit den Herpes-Simplex-Viren vom Typ 2, die über Oralsex übertragen werden kann. Oft weiß man gar nicht, dass man das Virus in sich trägt. Eine einmalige Infektion reicht aus, um das Virus ein Leben lang in sich zu tragen. Es kommt zum wiederholten Ausbrechen der Krankheit (Krankheitsschüben). Symptome sind flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die aufplatzen und verkrusten. Zusätzlich kann es zu Fieber und geschwollenen Lymphknoten kommen. Vor Auftreten der Bläschen kommt es oft zum Juckreiz oder zu Missempfindungen (Kribbeln) an der betroffenen Stelle. Zu Krankheitsschüben kann es gehäuft nach Stress, Fieber oder während der Menstruation kommen. Eine Heilung gibt es leider nicht, aber einige Medikamente, die das Auftreten der Schübe deutlich vermindern.
Bei einer HPV-Infektion ist das Humane Papillomavirus der Auslöser. Es ist die häufigste viral bedingte sexuell übertragbare Krankheit. Von diesem Virus gibt es über 100 verschiedene Typen. Ein Großteil davon kann Feigwarzen auslösen. Einige davon jedoch Krebserkrankungen, wie Gebärmutterhalskrebs, Krebs am After oder an der Eichel, sowie Kehlkopfkrebs. Präventiv gibt es eine Impfung, die beinahe zu 100% schützt. Die Feigwarzen können mit Cremen behandelt oder mittels Laser oder Operation entfernt werden.
Syphilis, Lues oder auch Schanker genannt, ist eine Erkrankung, die vom Bakterium Treponema pallidum ausgelöst wird. Sie wird über Körperflüssigkeiten übertragen. Es kommt nach erfolgter Infektion zu Geschwüren an der Eintrittsstelle und zu Schwellungen an den Lymphknoten. Unbehandelt kann es nach ein paar Wochen zu Ausschlägen, Hautknoten, Warzen und Haarausfall kommen. Ohne Behandlung kann es nach einigen Jahren zu massiven Organschädigungen kommen, die sogar zum Tod führen können. Bei Syphilis kann es bei Schwangeren zum Lymphogranuloma venereum (LGV) kommen, was die Übertragung der Bakterien von der Mutter auf das Ungeborene bezeichnet. Die LGV kann zu schwerwiegenden Folgen beim Baby kommen. Frühgeburt, Fehlgeburt, angeborene Syphilis sowie gravierende Fehlbildungen sind die Folgen. Nachgewiesen werden kann die Krankheit im Blut und die übliche Behandlung wird mit Penicillin durchgeführt.
Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) überträgt die unheilbare Krankheit AIDS (aquired immunodeficiency syndrome). Sie wird ebenfalls über Körperflüssigkeiten übertragen. Zuerst kommt es zu einem viralen Infekt, weshalb AIDS meist erst spät erkannt wird. Nach langer Latenzzeit, ist die Immunabwehr unseres Körpers so stark geschwächt, dass es zu verschiedenen Infektionen kommen kann, die allesamt einen tödlichen Verlauf nehmen können. Durch einen Bluttest kann AIDS nachgewiesen werden. Eine Heilung gibt es nicht, aber moderne Therapien senken die Viruslast so enorm, dass sie nicht mehr im Blut nachweisbar ist. Eine lebenslange medikamentöse Therapie ist jedoch die Konsequenz.
Das Ansteigen der Zahlen der sexuell übertragbaren Krankheiten in Europa hat mehrere Gründe. Vorweg sei erwähnt, dass die steigenden Zahlen unter anderem mit dem verbesserten Testangebot sowie der steigenden Häufigkeit von Screenings in Risikogruppen einhergehen.
Ein weiterer Grund dürfte aber der medizinische Fortschritt sein. Zum einen gibt es bessere Postexpositionsprophylaxen (PEP), also Medikamente, die man kurz nach einer Ansteckung verabreicht, um das Ausbrechen der Krankheit zu verhindern. Sie senken die Inzidenz von 30% auf 11%. Durch diesen Fortschritt gehen Menschen mehr Risiko ein und verzichten auf Kondome, weil sie davon ausgehen, dass die PEP’s jegliche Ansteckung unterdrücken können. Dem ist leider nicht so. Sie schützen zwar in der Mehrzahl der Fälle, aber leider nicht in allen. Zudem ist das Zeitfenster für eine medikamentöse Intervention nach erfolgter Ansteckung sehr klein, was viele Betroffene jedoch nicht wissen.
Durch den medizinischen Fortschritt kommt es auch häufiger zu Antibiotika-Resistenzen, wodurch die Medikamente zur Behandlung teilweise unwirksam werden können. Speziell in Asien wird ein Anstieg der Resistenzen verzeichnet.
Ein weiterer Grund für die zunehmende Häufigkeit ist das mangelnde Bewusstsein. Sexuell übertragbare Krankheiten waren lange Zeit rückläufig, wodurch das Thema zunehmend vernachlässigt wurde.
Auch die Migration ist ein nicht vernachlässigbarer Grund für die aktuellen Trends. Menschen aus anderen Ländern, in denen sexuell übertragbare Krankheiten häufiger vorkommen, die medizinische Versorgung mangelhaft ist oder denen einfach das Bewusstsein für diese Krankheiten fehlt, sind zunehmend Überträger von Syphilis und Co.
Aber auch die klassischen Risikogruppen sind nach wie vor ein Thema. Dazu gehören Drogensüchtige, Prostituierte und Männer, die mit Männern Geschlechtsverkehr haben. Zwar sind letztere inzwischen sehr sensibilisiert, was HIV und AIDS betrifft, nicht aber gegenüber anderen übertragbaren Geschlechtskrankheiten wie Syphilis, Gonorrhö oder HPV.
Zudem sei aber erwähnt, dass Kondome zwar das Mittel der Wahl sind, die Übertragung der Krankheiten aber auch von der jeweiligen Sexualpraktik abhängt. Da beim Oral- oder Analverkehr meist auf ein Kondom verzichtet wird, wird die Ansteckungsgefahr dadurch nichtl gesenkt. Besonders beim Analsex kommt es häufig zu kleinen Verletzungen, wodurch die HIV-Infektionswahrscheinlichkeit besonders hoch ist. Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass sowohl das Ejakulat als auch das Vaginalsekret ebenfalls ansteckend sein können.
Als letzter Grund für den Anstieg sei noch das erhöhte Schamgefühl bei sexuell übertragbaren Krankheiten erwähnt. Betroffenen fehlt oft ein/e Ansprechpartner/in. PatientInnen wissen meist genau, wo sie sich angesteckt haben, schämen sich aber zur/zum Ärztin/Arzt zu gehen.
Zu den Präventionsmaßnahmen gehören Aufklärung, Screening-Methoden, Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten, sowie die Beseitigung des Schamgefühls. Das Ansteigen der Infektionszahlen und die möglichen Schutzfaktoren müssen wieder stärker ins Bewusstsein gerufen werden.
Ein erweitertes und besser beworbenes Testangebot könnte ebenfalls dazu beitragen, sexuell übertragbare Krankheiten frühzeitig zu erkennen und bei einer bestehenden Krankheit seinen Sexualpartner besser davor zu schützen.
Einen besonders hohen Stellenwert in der Prävention nehmen Postexpositionsprophylaxen (PEP) und Impfungen ein. Die PEP’s haben die Inzidenz von AIDS-Erkrankungen von 30% auf 11% gesenkt. Sie senken das Risiko somit auf ein Drittel. Im Jahr 2022 haben in Europa 130.000 Menschen eine Postexpositionsprophylaxe für HIV erhalten.
Auch Impfungen sind ein wichtiger Baustein in der Bekämpfung von sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine Impfung für Hepatitis-B wird seit vielen Jahren sehr erfolgreich eingesetzt und schützt vor Leberzirrhose und Krebs. Ebenso wirkt die Impfung gegen HPV zu beinahe 100% und schützt vor Gebärmutterhalskrebs. In einigen Ländern sind diese Impfungen sogar kostenlos. Intensiv wird gerade an Impfungen gegen Chlamydien, Syphilis, Herpes-simplex-Viren und Gonorrhö geforscht. Diese befinden sich gerade in klinischen Studien und werden bereits erprobt.
Bei AIDS gibt es zwar noch keine Impfung, jedoch sind die sich am Markt befindlichen Medikamente sehr erfolgreich und senken die Viruslast so weit, dass sie im Blut nicht mehr detektierbar ist.
Kondome sind zwar kein 100%iger Schutz, sind aber immer noch das Mittel der Wahl. Durch den medizinischen Fortschritt sowohl bei der Schwangerschaftsverhütung, als auch bei Antibiotika und PEP’s sinkt die Bereitschaft zur Verwendung von Kondomen.
Zu guter Letzt ist es wichtig auch das Schamgefühl der Betroffenen zu senken. Sexuell übertragbare Krankheiten können jede/n treffen. Umso wichtiger ist es daher, nicht zu lange zu warten und so schnell wie möglich medizinische Hilfe aufzusuchen. Befragungen beweisen, dass die meisten PatientInnen wissen, woher sie die Krankheit haben. Es wäre wichtig, mehr anonyme Testmöglichkeiten zu schaffen. Das könnte dabei helfen, die Hemmschwelle zu senken und Betroffene schneller zur Ärztin oder zum Arzt zu locken.
Thomas Hofko
Autor
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Zuletzt aktualisiert am 31.05.2024
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