Retarpen compositum darf nicht angewendet werden,
- wenn Sie überempfindlich (allergisch) gegen einen der Wirkstoffe des Arzneimittels, andere Penicilline und/oder Procain bzw. einen der in Abschnitt 6. genannten sonstigen Bestandteile von Retarpen compositum sind.
- Erkrankungen wie schwere Pneumonie, Empyem, Sepsis, Perikarditis, Meningitis, Peritonitis oder Arthritis, deren Behandlung hohe Penicillinserumspiegel erfordert, sollen zunächst mit Benzylpenicillin in Form des wasserlöslichen Alkalisalzes behandelt werden.
- Neugeborene und Frühgeborene dürfen wegen der herabgesetzten Penicillin-Clearance kein Procain-Penicillin erhalten.
- Bei Patienten mit allergischer Diathese bzw. Asthma bronchiale ist besondere Vorsicht geboten.
- Retarpen compositum darf aufgrund des Hilfsstoffs Povidon nicht an Stellen mit verminderter Durchblutung angewendet werden.
Retarpen compositum darf nicht subkutan, intravenös, intralumbal oder in Körperhöhlen injiziert oder instilliert werden (siehe auch „Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen“).
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Bitte sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker, bevor Retarpen compositum bei Ihnen angewendet wird.
Bei Auftreten allergischer Erscheinungen (z.B. Hautausschlag, Juckreiz, Frösteln, Atemnot, sowie Durchfall oder Bauchschmerzen) informieren Sie unverzüglich einen Arzt. Vor der Behandlung sollte ein Überempfindlichkeitstest durchgeführt werden. Bei Auftreten einer allergischen Reaktion wird Ihr Arzt die Therapie abbrechen und wenn notwendig eine geeignete Therapie einleiten.
Bitte informieren Sie Ihren Arzt, wenn Sie bereits früher überempfindlich (allergisch) auf bestimmte Antibiotika (Cephalosporine) reagiert haben.
Wenn bei Ihnen bereits eine Allergie (= Überempfindlichkeit) bzw. allergisches Asthma oder Heuschnupfen festgestellt worden ist, sollten Sie dies Ihrem Arzt mitteilen. Es ist in diesen Fällen üblich, dass Sie bis zu einer Stunde nach der Verabreichung des Medikaments unter ärztlicher Aufsicht bleiben, falls eine akute allergische Reaktion auftreten sollte. Bei Auftreten einer Allergie wird der Arzt entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Die Therapie mit Retarpen compositum ist sofort abzubrechen.
Bei Patienten mit aktiven Hautpilzerkrankungen können allergie-ähnliche Reaktionen auf Penicillin auftreten.
Bei Behandlung einer Syphilis bzw. Frambösie kann eine bis zu mehreren Tagen andauernde Reaktion des Körpers auf die Bakteriengifte auftreten (Jarisch-Herxheimer-Reaktion, siehe 4. „Welche Nebenwirkungen sind möglich?“). Typische Symptome sind plötzliches Fieber (auch mit Schüttelfrost), Blässe - gefolgt von Hautrötung, Kopf-, Muskel und Gelenksschmerzen und Müdigkeit. Zur Unterdrückung bzw. Milderung einer Jarisch-Herxheimer-Reaktion wird Ihr Arzt eine entsprechende Therapie einleiten.
Bei Diabetikern ist die verzögerte Resorption des Arzneimittels aus dem Depot zu beachten.
Bei einer Langzeitbehandlung (länger als 5 Tage) wird Ihr Arzt eventuell Blutbildkontrollen, Leberfunktionskontrollen und Nierenfunktionstests anordnen. Bitte halten Sie vom Arzt verordnete Kontrollen unbedingt ein.
Auf das Überwuchern resistenter Keime bei Langzeittherapie ist zu achten. Bei Auftreten von Sekundärinfektionen werden durch den Arzt geeignete Maßnahmen ergriffen.
Bei schweren und anhaltenden Durchfällen ist an eine antibiotikabedingte pseudo-membranöse Colitis zu denken (blutig-schleimige, wässrige Durchfälle, dumpfer, diffuser bis kolikartiger Bauchschmerz, Fieber, gelegentlich schmerzhafter Stuhldrang), die lebensbedrohlich sein kann. Kontaktieren Sie unverzüglich Ihren Arzt. In diesen Fällen ist Retarpen compositum sofort abzusetzen und Ihr Arzt wird gemäß dem Erregernachweis eine einsprechende Therapie einleiten.
Bei Säuglingen und Kleinkindern sollte die Peripherie des oberen äußeren Quadranten der Glutealregion als Injektionsgebiet nur in Ausnahmefällen (z.B. großflächige Verbrennungen) verwendet werden, um Läsionen des Nervus ischiadicus zu vermeiden.
Retarpen compositum darf nicht subkutan, intravenös, intralumbal oder in Körperhöhlen injiziert oder instilliert werden. Bei versehentlicher subkutaner Gabe können schmerzhafte Indurationen auftreten. In diesem Fall helfen Eispackungen.
Bei versehentlicher intravasaler Injektion kann ein Hoigné-Syndrom (Schocksymptomatik mit Todesangst, Verwirrtheit, Halluzinationen, evtl. Zyanose, Tachykardie und motorische Störungen, jedoch kein Kreislaufkollaps), bedingt durch Mikroembolien der Suspension, auftreten. Die Erscheinungen bilden sich innerhalb einer Stunde zurück. Bei schwerem Verlauf ist die parenterale Gabe von Sedativa angezeigt.
Bei versehentlicher intraarterieller Injektion - insbesonders bei Kindern - können schwerwiegende Komplikationen wie Gefäßokklusion, Thrombose und Gangrän auftreten. Erste Anzeichen sind blasse Flecken im Hautbereich der Glutealregion. Durch hohen Injektionsdruck kann die injizierte Flüssigkeit retrograd in die Arteria iliaca communis, Aorta oder Rückenmarksarterien gelangen.
Da Retarpen compositum Benzyl-Procain enthält, darf die Anwendung nur mit besonderer Vorsicht erfolgen bei:
Ist eine Allergie gegen Procain bekannt, so kann eine Kreuzallergie gegenüber anderen Ester- Lokalanästhetika und chemisch verwandte Substanzen in Form von Paragruppenallergie auftreten. Auch bei kutaner Form der Procain-Allergie kann sich einer Gruppenallergie entwickeln mit entsprechenden Symptomen auf Sulfonamide, orale Antidiabetika, bestimmte Farbstoffe, Röntgenfilmentwickler, usw.
Bei bekannter Allergie gegen Sulfonamide ist eine kreuzallergische Reaktion auf Procain nicht auszuschließen.
Bei Patienten mit Pseudocholinesterase-Mangel und erheblich herabgesetzer Enzymaktivität muss verstärkt mit toxischen Symptomen bei Procain-Applikation gerechnet werden.
Bei Geschlechtskrankheiten sollten vor Beginn der Therapie bei Verdacht auf eine gleichzeitig bestehende Syphilis Dunkelfelduntersuchungen durchgeführt werden. Serologische Tests zur Überwachung sollten außerdem 4 Monate lang durchgeführt werden. Bei angeborener Syphilis ist vor Therapiebeginn eine Untersuchung der Gehirnwasser durchzuführen.
Wenn eine neurologische Beteiligung bei Patienten mit angeborener Syphilis nicht ausgeschlossen werden kann, sollen Penicillinformen verwendet werden, die einen höheren Spiegel im Gehirnwasser erreichen.
Bei Nierenfunktionsstörungen ist die verlangsamte Ausscheidung von Povidon zu beachten. Aufgrund des Povidongehaltes kann nicht ausgeschlossen werden, dass es nach häufiger oder länger dauernder Anwendung sehr selten zu einer Speicherung von Povidon im Retikuloendothelialen System (RES) oder zu örtlichen Ablagerungen und Fremdkörpergranulomen kommen kann, die zur Verwechslung mit Geschwülsten Anlass geben können.
Dosisanpassungen sind notwendig bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und bei Pa- tienten mit eingeschränkter Leberfunktion (siehe 3. „Wie ist Retarpen compositum anzuwenden?“).
Dopinghinweis
Die Anwendung von Retarpen compositum kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
Anwendung von Retarpen compositum zusammen mit anderen Arzneimitteln
Informieren Sie Ihren Arzt oder Apotheker, wenn Sie andere Arzneimittel einnehmen/anwenden, kürzlich andere Arzneimittel eingenommen/angewendet haben oder beabsichtigen, andere Arzneimittel einzunehmen/anzuwenden.
Da Penicilline nur auf bestimmte Keime wirken, sollte Retarpen compositum nicht mit bakteriostatischen Antibiotika (Tetracycline, Chloramphenicol, Makrolide, Sulfonamide) kombiniert werden.
Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Verabreichung von Retarpen compositum und den folgenden Arzneimitteln:
- entzündungshemmenden Arzneimittel (Antiphlogistika),
- Arzneimittel zur Behandlung von Rheuma (Antirheumatika),
- fiebersenkende Arzneimittel (Antipyretika, insbesondere Indometacin und Sulfinpyrazon, Phenylbutazon, Salicylate in hohen Dosen), sowie
- Probenecid, ein Arzneimittel zur Behandlung von Gicht.
- Methotrexat, ein Arzneimittel, das in der Chemotherapie eingesetzt wird
Retarpen compositum sollte bei Patienten, die mit Digoxin behandelt werden, nur mit Vorsicht angewendet werden, da ein signifikantes Risiko für einen langsamen Puls durch die Arzneimittelwechselwirkung besteht.
Da Retarpen compositum Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verlängerung der Wirkung von nichtpolarisierenden Muskelrelaxantien kommen.
Wie bei anderen Antibiotika kann es bei Verwendung von Retarpen compositum in seltenen Fällen zu einer Herabsetzung der Wirksamkeit oraler Verhütungsmittel kommen. Es wird daher empfohlen, zusätzlich nicht-hormonelle Verhütungsmittel anzuwenden.
Da Retarpen compositum Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verstärkung der Wirkung von Physostigmin kommen.
Da Retarpen compositum Benzylpenicillin-Procain enthält, kann es zu einer Verminderung der Wirkung der Sulfonamide kommen.
Sonstige Wechselwirkungen:
Aufgrund des Procain-Gehaltes von Retarpen compositum sollte das Arzneimittel nicht gemeinsam mit Cholinesterase-Inhibitoren eingesetzt werden. Durch den Einfluss auf den Procain. Metabolismus kommt es zu einer Erhöhung der Procain-Toxizität. Andere pharmakologische Eigenschaften der Cholinesterase-Hemmer können die Procain-Toxizität ebenfalls beeinflussen.
Beeinflussung labordiagnostischer Untersuchungen:
Die Eiweißbestimmung im Urin mittels Präzipitationsverfahren (Sulfosalicylsäure, Trichloressigsäure), der Folin-Ciocalteu-Lowry-Methode oder der Biuret-Methode kann zu falsch positiven Ergebnissen führen. Die Eiweißbestimmung im Harn sollte daher mit anderen Methoden durchgeführt werden.
Ebenfalls zu falsch positiven Ergebnissen kann die Aminosäurebestimmung im Urin mittels der Ninhydrin-Methode führen.
Penicilline binden an Albumin. In elektrophoretischen Methoden zur Albumin-Bestimmung kann dadurch eine Pseudobisalbuminämie vorgetäuscht werden.
Unter der Therapie mit Retarpen compositum können der nicht-enzymatische Harnzuckernachweis und der Urobilinogen-Nachweis falsch positiv ausfallen.
Bei der Bestimmung von 17-Ketosteroiden (mittels der Zimmermann-Reaktion) im Urin können unter der Therapie mit Retarpen compositum erhöhte Werte auftreten.
Weiters ist eine Beeinflussung labordiagnostischer Verfahren zu berücksichtigen (siehe auch
Abschnitt 4. „Welche Nebenwirkungen sind möglich?“). Ein positiver direkter Coombs-Test entwi- ckelt sich häufig (≥ 1 % bis < 10 %) bei Patienten, die hohe Dosen Benzylpenicillin erhalten. Nach
Absetzen des Penicillins kann der direkte Antiglobulin-Test noch während 6 bis 8 Wochen positiv bleiben.
Schwangerschaft und Stillzeit
Wenn Sie schwanger sind oder stillen, oder wenn Sie vermuten, schwanger zu sein oder beab- sichtigen, schwanger zu werden, fragen Sie vor der Anwendung dieses Arzneimittels Ihren Arzt oder Apotheker um Rat.
Schwangerschaft
Benzylpenicillin und Procain sind plazentagängig.
Eine Anwendung von Retarpen compositum während der Schwangerschaft ist bei entsprechen- der Diagnose und sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung durch den verschreibenden Arzt möglich.
In der Schwangerschaft sollte das Procain-haltige Arzneimittel dennoch nur unter sorgfältiger In- dikationsstellung zur Anwendung kommen, auch wenn besondere Risiken bisher nicht bekannt geworden sind.
Stillzeit
Benzylpenicillin und Procain treten in geringen Mengen in die Muttermilch über.
Obwohl bislang bei mit Muttermilch ernährten Kleinkindern keine Nebenwirkungen berichtet wurden, muss jedoch die Möglichkeit einer Sensibilisierung bzw. einer Beeinträchtigung der Darmflora in Be- tracht gezogen werden. Auf Durchfälle und Sprosspilzbesiedelung der Schleimhäute sollte beim Säugling geachtet werden.
Bei Kleinkindern, die auch Babynahrung zu sich nehmen, sollten Mütter, die Retarpen composi- tum verabreicht kriegen, die Muttermilch abpumpen und verwerfen. Das Stillen kann 24 Stunden nach Beendigung der Behandlung wieder aufgenommen werden.
Orale Kontrazeptiva (Pille)
Wie bei anderen Antibiotika, kann es bei Verwendung von Retarpen compositum in seltenen Fällen zu einer Herabsetzung der Wirksamkeit oraler Verhütungsmittel kommen (siehe Abschnitt „Anwen- dung von Retarpen compositum zusammen mit anderen Arzneimitteln“). Es empfiehlt sich daher, zusätzlich andere Methoden der Empfängnisverhütung anzuwenden.
Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Achtung: Dieses Arzneimittel kann die Reaktionsfähigkeit und Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen.
Retarpen compositum enthält Benzyl-Procain bzw. Povidon.
Bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Procain ist Vorsicht geboten.
Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist die verlangsamte Ausscheidung von Povidon zu beachten.
Siehe weitere Informationen im Abschnitt „Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen“.