Digitoxin

ATC CodeC01AA04, C05BZ05
CAS-Nummer71-63-6
PUB-Nummer441207
Drugbank IDDB01396
SummenformelC41H64O13
Molare Masse (g·mol−1)764,939
Aggregatzustandfest
Dichte (g·cm−3)1,3
Schmelzpunkt (°C)257
Siedepunkt (°C)902,3
PKS Wert7,18
Löslichkeit0,0289 mg/mL

Grundlagen

Digitoxin ist ein Wirkstoff, der zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz, von Herzrhythmusstörungen und von muskulären, akkommodativen (anpassungsfähig) oder nervösen Ermüdungserscheinungen am Auge eingesetzt wird. Digitoxin ist ein weißes Pulver, das unlöslich in Wasser ist. Digitoxin ist ein natürlicher pflanzlicher Inhaltsstoff aus dem Roten Fingerhut (Digitalis purpurea), der in Österreich heimisch ist. Digitoxin gehört zur Gruppe der Herzglykoside. Digitoxin wird heutzutage durch andere Therapien (mit ACE-Hemmern, Betablockern, Diuretika) abgelöst und nur mehr selten eingesetzt. Noch öfters angewendet wird er aber vor allem in der Augenheilkunde.

Grafik Strukturformel des Wirkstoffs Digitoxin

Wirkung

Digitoxin steigert die Kontraktionskraft und die Kontraktionsgeschwindigkeit des Herzens (positiv inotrop). Es senkt die Herzfrequenz (negativ chronotrop), verzögert die Erregungsleitung (negativ dromotrop) und steigert die Erregbarkeit der Herzmuskulatur (positiv bathmotrop). 

Digitoxin hemmt das Enzym Natrium-Kalium-ATPase (auch Natrium-Kalium-Pumpe genannt) in den Herzmuskelzellen. Die Natrium-Kalium-Pumpe transportiert Natrium-Ionen aus der Zelle und Kalium-Ionen in die Zelle, was zu Konzentrationsänderungen führt. Eine erhöhte Kaliumkonzentration in der Zelle führt zur Aktivierung von Proteinen wie Aktin und Myosin, welche in Muskelzellen, somit auch in Herzmuskelzellen, für die Kontraktion (Zusammenziehen) verantwortlich sind. Dadurch wird die Kontraktionskraft (Inotropie) erhöht. 

Digitoxin wirkt zusätzlich auf die elektrische Aktivität des Herzens (Membranpotential). Dadurch kommt es zu einer verzögerten elektrischen Überleitungszeit im Herzen zwischen Vorhof und dem AV-Knoten, was als negativ dromotrop bezeichnet wird. 

Digitoxin wird durch die Leber abgebaut und über die Nieren und über den Stuhl ausgeschieden. Es hat eine hohe Plasmahalbwertszeit von bis zu 8 Tagen, das heißt, dass nach 8 Tagen erst die Hälfte des Wirkstoffes ausgeschieden ist. Dadurch wirkt es auch sehr lange. Auch die Bioverfügbarkeit - also zu wie viel Prozent der Wirkstoff im Blut verfügbar ist - ist durch die Fettlöslichkeit des Wirkstoffes sehr hoch.

Dosierung

Nehmen Sie Digitoxin immer genau wie in der Packungsbeilage beschrieben bzw. genau nach Absprache mit Ihrem Arzt ein.

Da bereits sehr geringe Mengen an Digitoxin reichen, um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, liegt die Erhaltungsdosis bei Erwachsenen bei 0,001 mg/kg Körpergewicht. Die Erhaltungsdosis ist die Dosierung, die man täglich einnehmen sollte, damit die Wirkung aufrechterhalten bleibt.

Nebenwirkungen

Es kann zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

Immunsystem: 

  • Allergische Reaktionen
  • Nesselausschlag (Urticaria)
  • Eosinophilie
  • Hautrötung (Erythem)
  • Verminderung der Blutplättchen (Thrombozytopenie)
  • Schmetterlingserythem (Lupus erythematodes)

Hormonsystem:

  • Vergrößerung der Brustdrüse beim Mann (Gynäkomastie)

Psyche: 

  • Psychische Veränderungen (z.B. Alpträume)
  • Depressionen
  • Halluzinationen
  • Psychosen
  • Sprachstörungen
  • Schwäche
  • Teilnahmslosigkeit (Apathie)
  • Unwohlsein

Augen:

  • Farbsehstörungen

Herz-Kreislauf-System:

Magen-Darm-Trakt:

Bewegungsapparat:

  • Muskelschwäche

Allgemein:

Bei einer Digitoxinvergiftung kann das Fab-Fragment eines Antikörpers als Gegengift (Antidot) eingenommen werden.

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Einnahme von folgenden Arzneimitteln können wirkungsverstärkende Wechselwirkungen auftreten:

Bei gleichzeitiger Einnahme von folgenden Arzneimitteln können wirkungsabschwächende Wechselwirkungen auftreten:

Gegenanzeigen

Digitoxin darf in folgenden Fällen nicht eingenommen werden:

Altersbeschränkung

Kann bei Säuglingen, Kindern und Erwachsenen angewendet werden.

Schwangerschaft & Stillzeit

In der Schwangerschaft kann Digitoxin angewendet werden.  Es sind keine Berichte zu Fehlbildungen vorhanden. Zu beachten ist, dass hierfür Digoxin - ein chemisch naher Verwandter von Digitoxin - verwendet wurde. Zu Digitoxin gibt es keine Erfahrungsberichte. Aufgrund der Ähnlichkeit können aber die oben genannten Rückschlüsse gezogen werden. Es sollten bei der Anwendung in der Schwangerschaft jedoch regelmäßig Ultraschall- und Herzfrequenzkontrollen beim ungeborenen Kind durchgeführt werden. 

Als Alternative zu Digitoxin sollte daher Digoxin verwendet werden.

In der Stillzeit sollte Digitoxin NICHT angewendet werden, da hier keine Erfahrungsberichte vorliegen und Digitoxin in die Muttermilch übergeht.

Als Alternative zu Digitoxin sollte daher Digoxin verwendet werden. 

Bei der Digoxin-Therapie von stillenden Müttern wurden keine Symptome beim gestillten Säugling beobachtet, da die aufgenommene Menge so klein ist, dass keine Auswirkungen zu erwarten sind. Bei einer intravenösen Gabe sollte eine Stillpause von 2 Stunden eingehalten werden, da bei der intravenösen Gabe mehr Wirkstoff verfügbar ist.  

Geschichte zum Wirkstoff

Digitoxin wird aus dem Roten Fingerhut (Digitalis purpurea) gewonnen. Erste Anwendungen wurden bereits im Jahre 1775 beschrieben. Oswald Schmiedeberg isolierte Digitoxin als Erster im Jahre 1875. Die vollständige Aufklärung der Struktur gelang Adolf Otto Reinhold Windaus 1962. 

Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) Roter Fingerhut (Digitalis purpurea) (Pixabay/pexels CC0)

Digitoxin kann aus den Blättern des Fingerhutes gewonnen werden. Er gehört zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) und ist in Europa heimisch. Früher wurden aus den getrockneten Blättern Tinkturen, Pulver oder Extrakte hergestellt. Davon ist jedoch abzuraten, da der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) nicht nur eine Heil- sondern auch eine Giftpflanze ist, wodurch er in der Vergangenheit gerne für Giftmorde und Suizide verwendet wurde. Da in jeder einzelnen Pflanze der Wirkstoffgehalt anders ist und für schwere Vergiftungen bereits einige Milligramm reichen, sollten nur Fertigarzneimittel eingenommen werden. 

Um 6g Digitoxin herzustellen, müsste man 10 kg Blätter verarbeiten.







Thomas Hofko

Thomas Hofko

Autor

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Lektor


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