Fluvoxamin

Fluvoxamin

Grundlagen

Fluvoxamin ist ein Wirkstoff zur Behandlung von Depressionen und Zwangsstörungen. Es ist ein Antidepressivum aus der Gruppe der SSRI, der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Fluvoxamin kann aber auch beim Borderline-Syndrom, bei Angststörungen, bei Panikattacken sowie bei posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) eingesetzt werden. Fluvoxamin liegt in Medikamenten meistens als Fluvoxaminmaleat vor. Es ist ein weißes, geruchloses und kristallines (kristallbildendes) Pulver. In Wasser ist es nur wenig löslich.

Grafik Strukturformel des Wirkstoffs Fluvoxamin

Medikamente mit Fluvoxamin

Medikament Wirkstoff(e) Zulassungsinhaber
Floxyfral 100 mg - Filmtabletten Fluvoxamin Mylan Österreich GmbH
Floxyfral 50 mg - Filmtabletten Fluvoxamin Mylan Österreich GmbH

Wirkung

Fluvoxamin hemmt sehr spezifisch (selektiv) die Serotonin-Wiederaufnahme. Die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Dopamin aber fast gar nicht. Bei Depressionen geht man davon aus (derzeitiger Wissensstand), dass im synaptischen Spalt, also der Übergang von einer Synapse zur nächsten, ein Mangel an Monoaminen, das sind chemische Moleküle, die nur eine Amino-Gruppe (NH-Gruppe) besitzen, vorherrscht. Zu diesen Monoaminen zählen auch Noradrenalin und Serotonin. Depressionen gehen daher unter anderem auf einen Mangel an Noradrenalin und Serotonin zurück. Antidepressiva sollen die Menge an Monoaminen im synaptischen Spalt erhöhen. Fluvoxamin hemmt den Serotonin-Transporter (SERT), welcher das Monoamin Serotonin aus dem synaptischen Spalt transportiert. Durch die Hemmung von SERT steigt die Serotoninkonzentration. 

Durch die hohe Bindungsstärke (Affinität) zum Gamma-Rezeptor - was eine Besonderheit von Fluvoxamin darstellt - wird es sehr gerne zur Behandlung von wahnhaften oder angstbesetzten Depressionen eingesetzt.  

Fluvoxamin wird hauptsächlich von der Leber abgebaut. Die Bioverfügbarkeit - also zu wie viel Prozent der Wirkstoff im Blut verfügbar ist - liegt bei 53%. Die Halbwertszeit, also die Zeit, die der Körper benötigt, um die Hälfte des Wirkstoffes auszuscheiden, beträgt ca. 15 Stunden. 

Dosierung

Nehmen Sie Fluvoxamin immer genau wie in der Packungsbeilage beschrieben bzw. genau nach Absprache mit Ihrem Arzt ein.

Die übliche empfohlene Dosis bei Erwachsenen liegt bei 50 mg täglich. Die Dosierung kann vom Arzt in 50 mg Schritten über Tage erhöht werden, bis der gewünschte therapeutische Effekt eintritt. Die Maximaldosis liegt bei 300 mg täglich. 

Fluvoxamin kann das Suizidrisiko bei Kindern und jungen Erwachsenen bis zum 24. Lebensjahr erhöhen. Daher sollte Fluvoxamin unter 18 Jahren nur zur Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt werden.

Die empfohlene Dosis bei Kindern liegt bei 25 mg täglich und kann ebenfalls in 25 mg Schritten über Tage erhöht werden. Die Maximaldosis bei Kindern zwischen 11 und 17 Jahren liegt bei 300 mg täglich. Bei Kindern von 8 bis 10 Jahren liegt die Maximaldosis bei 200 mg pro Tag. 

Bei einer täglichen Dosis von mehr als 100 mg sollte die Einnahme auf zweimal pro Tag aufgeteilt werden. Wenn die Dosierungen nicht gleich teilbar sind, dann sollte die größere Menge vor dem Schlafengehen eingenommen werden.

Nebenwirkungen

Fluvoxamin kann das Suizidrisiko bei Kindern und jungen Erwachsenen bis zum 24. Lebensjahr erhöhen. Daher sollte Fluvoxamin unter 18 Jahren nur zur Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt werden. 

Es kann zu folgenden Nebenwirkungen kommen:

Häufig: 

Gelegentlich:

  • allergische Hautreaktionen
  • Verwirrtheit
  • verzögerter Samenerguss
  • Schwindel beim Aufsetzen oder Aufstehen (orthostatische Synkope)
  • Halluzinationen
  • Koordinationsstörungen
  • Muskel- oder Gelenkschmerzen
  • Aggressionen

Selten:

  • Krampfanfälle
  • Leberbeschwerden
  • nicht normale Stimmungshebung (Manie)
  • Lichtempfindlichkeit
  • unerwartete Milchabsonderung aus der Brustdrüse

Häufigkeit unbekannt:

  • Ruhelosigkeit (Akathisie)
  • Unfähigkeit einen Orgasmus zu bekommen (Anorgasmie)
  • Menstruationsstörungen
  • schwere vaginale Blutungen kurz nach der Geburt
  • Blasenentleerungsstörungen
  • Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit
  • Grüner Star (Glaukom)
  • Pupillenerweiterung
  • erhöhte Prolaktinwerte
  • Gewichtsveränderungen
  • erhöhtes Suizidrisiko

Nebenwirkungen, speziell bei Kindern und Jugendlichen:

  • unnatürlich gesteigerte Heiterkeit und Aktivität (Hypomanie)
  • Erregungszustände
  • Krämpfe
  • Schlafstörungen
  • Fehlen von Energie (Asthenie)
  • Hyperaktivität (Hyperkinesie)
  • Schläfrigkeitsgefühl (Benommenheit)
  • Verdauungsstörungen

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Einnahme von folgenden Arzneimitteln können Wechselwirkungen auftreten:

Fluvoxamin in Kombination mit Koffein kann Symptome wie bei einer Koffein-Überdosierung (z.B. Zittern, Herzrasen, etc.) auslösen.

Fluvoxamin in Kombination mit Alkohol kann stark müde machen und erhöht das Sturzrisiko.

Gegenanzeigen

Fluvoxamin  darf in folgenden Fällen NICHT eingenommen werden:

  • bei einer Allergie gegen Fluvoxamin
  • bei gleichzeitiger Einnahme von Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer)
  • bei gleichzeitiger Einnahme von Tizanidin oder Pimozid

Altersbeschränkung

Fluvoxamin sollte unter 18 Jahren nur zur Behandlung von Zwangsstörungen eingesetzt werden.

Fluvoxamin ist unter 8 Jahren NICHT freigegeben.

Schwangerschaft & Stillzeit

Fluvoxamin kann zu einer Abnahme der Spermienqualität führen. Es kann somit zu einer Zeugungs-Beeinträchtigung kommen. Das wurde bisher aber nur in Tierversuchen beobachtet. 

Schwangerschaft

In der Schwangerschaft sollte Fluvoxamin nur dann eingenommen werden, wenn es absolut notwendig ist. Das entscheidet Ihr Arzt.

Im 1. Schwangerschaftsdrittel konnten bei der Einnahme von Fluvoxamin oder anderen SSRI’s (Sertralin, Citalopram, Paroxetin und Fluoxetin) keine eindeutigen Hinweise auf eine erhöhte Fehlbildungsrate aufgezeigt werden. Leider kann das aber nicht ausgeschlossen werden. In ein paar wenigen Publikationen wurde ein gering erhöhtes Risiko für Herzfehlbildungen diskutiert. 

Erwähnenswert ist der hohe Erfahrungsumfang nicht nur bei Fluvoxamin, sondern auch bei anderen SSRI’s (> 10 000 Fallberichte).

Bei Fluvoxamin-Einnahme im 2. & 3. Schwangerschaftsdrittel  kann es nach der Geburt zu Anpassungsstörungen sowie zu zahlreichen Nebenwirkungen kommen. Dazu gehören Übererregbarkeit, Zittern, Trinkstörungen und Atemnot. Diese klingen im Normalfall nach spätestens einem Monat nach der Geburt wieder ab. Bei einigen wenigen Fällen wurde beim Neugeborenen ein persistierender pulmonaler Hochdruck festgestellt. Dies konnte bisher aber nicht bestätigt werden. 

Sollte es in der Schwangerschaft zu einer Einnahme von Fluvoxamin gekommen sein, sollte die Geburt in einer Klinik mit Neonatologie stattfinden. 

Die Fluvoxamin-Einnahme  sollte in der Schwangerschaft nicht abrupt beendet werden

Alternativ können Sertralin und Citalopram eingenommen werden, jedoch nur bei Neubeginn einer Therapie. 

Stillzeit

In der Stillzeit kann Fluvoxamin eingenommen werden. Das Nutzen-Risiko-Profil sollte aber trotzdem abgewogen werden. Sprechen Sie daher unbedingt mit Ihrem Arzt. Der Erfahrungsumfang ist sehr niedrig. 

Fluvoxamin geht in die Muttermilch über, Symptome bei gestillten Kindern wurden bisher aber nicht beschrieben. Obwohl Fluvoxamin in der Stillzeit zum Medikament der Wahl gehört, sollte es nur sehr bedacht eingesetzt werden. Wenn Sie Symptome bei Ihrem Säugling feststellen, suchen Sie bitte SOFORT einen Kinderarzt auf.

Geschichte zum Wirkstoff

Fluvoxamin wird seit der Erprobung 1983 in klinischen Studien von der Pharmafirma Solvay entwickelt und ist seitdem in Gebrauch. Es wurde an ca. 35 000 Patienten erprobt und 1984 in der Schweiz, 1994 in den USA und 1999 in Japan eingeführt. Im Jahr 1995 wurden bereits über 10 Millionen Patienten erfolgreich mit Fluvoxamin behandelt.

Chemische & physikalische Eigenschaften

ATC Code N06AB08
Summenformel C15H21F3N2O2
Molare Masse (g·mol−1) 318,33
Aggregatzustand fest
Dichte (g·cm−3) 1,2
Schmelzpunkt (°C) 120-121,5
Siedepunkt (°C) 370,6
CAS-Nummer 54739-18-3
PUB-Nummer 5323436
Drugbank ID DB00176

Redaktionelle Grundsätze

Alle für den Inhalt herangezogenen Informationen stammen von geprüften Quellen (anerkannte Institutionen, Fachleute, Studien renommierter Universitäten). Dabei legen wir großen Wert auf die Qualifikation der Autoren und den wissenschaftlichen Hintergrund der Informationen. Somit stellen wir sicher, dass unsere Recherchen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren.
Thomas Hofko

Thomas Hofko
Autor

Thomas Hofko befindet sich im letzten Drittel seines Bachelorstudiums der Pharmazie und ist Autor für pharmazeutische Themen. Er interessiert sich besonders für die Bereiche Klinische Pharmazie und Phytopharmazie.

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer

Mag. pharm. Stefanie Lehenauer
Lektor

Stefanie Lehenauer ist seit 2020 freie Autorin bei Medikamio und studierte Pharmazie an der Universität Wien. Sie arbeitet als Apothekerin in Wien und ihre Leidenschaft sind pflanzliche Arzneimittel und deren Wirkung.

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Die dargestellten Inhalte ersetzen nicht die originale Beipackzettel des Arzneimittels, insbesondere im Bezug auf Dosierung und Wirkung der einzelnen Produkte. Wir können für die Korrektheit der Daten keine Haftung übernehmen, da die Daten zum Teil automatisch konvertiert wurden. Für Diagnosen und bei anderen gesundheitlichen Fragen ist immer ein Arzt zu kontaktieren. Weitere Informationen zu diesem Thema sind hier zu finden